8
Meter! 8,50 Meter! 9 Meter! Ganz Deutschland redet von nichts anderem
als vom Anstieg des Hochwassers. Ein entsetzlicher Countdown, über
den wir uns nicht lustig machen wollen. Doch da gibt es eine andere
Bedrohung: 90 Kilometer, 50 Kilometer, 3 Kilometer! O Gott, nur
noch zweihundert Meter! Hinter diesen Entfernungsangaben steht nicht
die Angst, im eigenen Keller überflutet zu werden, sondern
die Panik vor dem Schwall liberalen Gedankenguts aus dem Mund von
Guido Westerwelle. Der sucht gerade mit seinem Guidomobil
die Republik heim und macht, anders als das Hochwasser, auch vor
dem Westen der Republik nicht halt. Seine Wahlkampfreden können
im Einzelfall rhetorische Flutwellen von bis zu 13 Meter Höhe
auslösen. Wen diese Flut erreicht hat, für den gibt es
keine Rettung mehr. Er wird unweigerlich zum Liberalen. Die PDS
hat deshalb Sandsäcke an die verängstigte Bevölkerung
abgegeben. Doch die Unruhe wächst. In welches Dorf wird sich
die Silhouette des Guidomobils zuerst zeigen?
Doch Guido ist sauer. Extra für seinen Auftritt
in Sachsen hatte er sich bei Loden-Frey in München zwei Paar
gelb-blaue Anglerhosen bestellt und das Guidomobil
als Amphibienfahrzeug umrüsten lassen. Das Mobil kann jetzt
bis auf eine Tiefe von acht Metern tauchen und anschliessend unangemeldet
in jedem von der Flut verwüsteten Ort wieder auftauchen. Alles
umsonst. Per Gerichtsurteil liessen die Ostdeutschen die Teilnahme
Guidos am Hochwasser verbieten. Guido darf sich den grossen deutschen
Flüssen maximal auf eine Entfernung von zwei Kilometern nähern.
Gerichtlich verboten wurde auch seine Teilnahme am Duell
Schröder gegen Stoiber im Fernsehen. Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht,
dem Europäischen Menschenrechtshof und der Beschwerdestelle
des Vatikans halfen nichts. Guido muss draussen bleiben. Pläne,
auf eigenen Privatsendern nach 24 Uhr mit sich selber zu debattieren,
scheiterten bisher.
Dafür fiebern jetzt Millionen von Fans dem Spitzenduell
entgegen. An allen wichtigen Plätzen der Republik, wie in der
Innenstadt von Bielefeld und an der Autobahnraststätte Irschenberg, sind Videoleinwände aufgebaut. Nach der Drohung
Jürgen Möllemanns, direkt in das Fernsehstudio mit dem
Fallschirm abzuspringen, installierten ARD und ZDF Fangzäune.
Sollte sich Möllemann wirklich darin verfangen, werde er nicht
zurückgegeben, hiess es.
Möllemann hat deshalb angekündigt, auf der
Elbe flussaufwärts Wasserski zu fahren. "Ich will den
Leuten Mut machen und gegen die Null-Bock-Mentalität im Osten
kämpfen", so Möllemann. Die meisten Anwohner liessen
sich nach dieser Nachricht freiwillig evakuieren. |