Die
Wahl ist vorbei. Was bleibt,
sind riesige Scherbenhaufen, die Spaziergänge unmöglich
machen, die Sicht auf Kulturdenkmäler versperren und zu erhöhtem
Verletzungsrisiko auf Kinderspielplätzen führen. In Scherben
liegen unter anderem die deutsch-amerikanischen Beziehungen, die
Europapolitik, der gute Geschmack, der Neue Markt und die Karriere
von Friedrich Merz.
Trotzdem sollte man kein Scherbengericht
veranstalten, um die Frage zu klären, wer am meisten Splitter
verursacht hat. Taten sind gefragt. Sollten Sie also vor der Haustür
auf Scherben treten, auf denen gerade noch Satzfetzen wie Bush,
Nazi oder Wahlbetrug zu lesen sind, kleben sie die Teile sorgfältig
zusammen und schicken Sie sie an den Hersteller zurück.
Alle sind sich einig, dass künftige Wahlkämpfe
zivilisierter ablaufen sollen. Doch dabei sollte man der Politik
helfen. Vielleicht mit einem Leitfaden zum „Problem des Vergleichs in der politischen Debatte“? Er enthält einen kurzen Kanon furchtbarer
Persönlichkeiten, Orte und Errungenschaften sowie Empfehlungen
zum Umgang mit ihnen. Die Politik darf weiter vergleichen, was das
Zeug hält, sollte aber das Gebot der Ausgewogenheit beachten.
Warum nicht einmal einen Macchiavelli oder Borgia ins Gefecht werfen? Es muss nicht immer
der Führer sein. Einen politischen Konkurrenten als
Nero des Mittelstands zu titulieren, wäre innovativ. Die
Geschichte ist ja reich an unverbrauchten Persönlichkeiten:
Saulus, Ceausescu, Iwan
der Schreckliche, Idi Amin oder Jürgen
Sparwasser (der haute uns
bei der Fussball-WM 74 ein Ding rein) sind zu jeder Herabwürdigung
geeignet. Genauso wie Wortkombinationen mit verrufenen Regionen:
Das Neapel Deutschlands, das Libera
Niedersachsens oder Burkina Faso Bayerns beispielsweise.
Leider wird es zu diesen Wortduellen zunächst nicht
kommen. Denn viele historisch beschlagene Parlamentarier verlassen
den Bundestag. Unbefangene 19-jährige, die im Schulunterricht
gerade mal die zweite Völkerwanderung streiften und Tampons
für Verhütungsmittel halten, rücken nach. Jetzt lernen sie, was deutsche Geschichte
ist: Vor ihren Augen verbarrikadieren
sich einige abgewählte FDP-Abgeordnete in ihren Büros
und schrieen, als die Türen aufgebrochen wurden, etwas von
einem zweiten Prager Fenstersturz. Der folgende Vermittlungsversuch von
Jürgen Möllemann gilt jetzt schon als Pearl Harbour
der deutschen Parlamentsgeschichte. |