Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (13.Oktober 2002)
 

  Drei Forscher setzen diese Woche neue Glanzlichter ans Gestirn des Wissens und erhielten Nobelpreise. Sie entdeckten jene Biomoleküle, die seit Jahren unerkannt in Kinderzimmern, Autobahnraststätten oder Kinosälen herumlungerten. Der Amerikaner John Fenn brachte eine Eiweissprobe in ein elektrisches Feld und besprühte sie mit einem Spray. Es bildeten sich frei schwebende geladene Tropfen. Nachdem das Wasser entfernt wurde, blieben die entlarvten Proteinmoleküle zurück. Der Japaner Tanaka wiederum sprengte mit einem Laserstrahl die feste oder zähflüssige Probe. Die geladenen Bruchstücke begannen zu schweben, wurden in einem elektrischen Feld beschleunigt und je nach Flugzeit identifiziert.

  Bei der Vergabe des Literaturnobelpreises hat man sich diese Erkenntnis zu Nutze gemacht. So werden die zwei Millionen Neuerscheinungen zunächst mit Lasern gesprengt. Einige davon (Kertész, Jelinek, Harry Rowohlt) begannen augenblicklich zu schweben. Andere Autoren wie Hera Lind, Dieter Bohlen oder Peter Handke sanken blitzschnell zu Boden. Als sie bei der Analyse mit Wasser besprüht wurden, zeigte sich auch bei mehrfacher Vergrösserung keine materielle Substanz mehr.

  Die Methode Fenn/Tanaka hilft auch beim
Verständnis politischer Prozesse. Man unterscheidet zwischen festen (Schilly, Beckstein, Otto von Habsburg) und zähflüssigen (Däubler-Gmelin, Claudia Roth) Körpern. Im elektrischen Feld einer Koalitionsrunde entwickeln auch zähflüssige Politiker eine magnetische Anziehungskraft auf Ministerämter, Ressort-Zusammenlegungen und Dienstwagen. Kommen sie in Kontakt mit der Realität, also der Sphäre ausserhalb des Kanzleramtes, sinken sie kraftlos zu Boden. Auch das besprühen mit Wasser hilft nicht.

  An einer Methode zur Reformbeschleunigung arbeitet die Wissenschaft bisher vergebens. Der dritte Nobelpreisträger, ein Schweizer namens Wütherich, ist aber ganz nah dran. Mit der sogenannten Kernresonanz-Spektroskopie untersuchte er vor allem
unklar strukturierte und bewegliche Moleküle. Damit gelang es, wesentliche Teile des FDP-Parteiprogramms zu entschlüsseln. Gerüchten zufolge war Parteivize Möllemann über die Erkenntnisse so erschüttert, dass er mit Herzbeschwerden in ein Krankenhaus gebracht werden musste.

 

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