Wie
bei Hempels unterm Sofa muss es im Büro des FDP- Vorsitzenden
Guido Westerwelle aussehen. Berge von Briefen und Faxen,
von Kontoauszügen, Flugblättern und Kantinenplänen
stapeln sich vor überforderten Mitarbeitern. Westerwelle kriegt
nichts mehr mit. Ein wachsamer Parteifreund informierte den Chef
zwei Wochen vor der Bundestagswahl über die israelfeindliche
Flugblatt- Kampangne des Kollegen Möllemann, doch das Schriftstück
ging irgendwo unter. Kurz vor der Wahl seien halt zehntausende Briefe
und Faxe eingegangen, erklärt der Spasspolitiker. Hier möchten
wir helfen und und bieten Westerwelles Büroleiter einen Praktikantenplatz
im Redaktionssekreteriat an. Die Aufgabe: Post öffnen und pro
Adressat ein Häufchen bilden. Den Stapel dann dem jeweiligen
Adressaten auf den Schreibtisch legen - fertig.
Angstvoll stellen sich die FDP-Wähler
jedoch eine ganz andere Frage: Wenn Westerwelle postmässig
schon von seinem Amt als Parteivorsitzender überfordert ist,
wie hätte er denn da als Kanzler die Übersicht behalten
sollen? Glaubt er ernsthaft, im Bundeskanzleramt gingen täglich
nur ein paar Bitten um Spendenbescheinigungen ein?
Spendenbescheinigung - das gab es früher nicht.
Ältere Menschen erinnern sich an die Zeit nach dem letzten
Krieg. Trümmer auf die Seite räumen, hamstern, dann die
Währungsreform, Braten mit dicker Sosse, die erste Couchgarnitur
und immer schön arbeiten. Pflaster bekam man auf Rezept, für
ein Auto hingegen reichte es noch nicht ganz. Das Geld kam aufs
Sparbuch und wurde langsam mehr. Kurz: Es waren 57 gute Jahre. Damit
ist jetzt Schluss, sagt Bundeskanzler Gerhard Schröder im Bundestag. "Zu Reform und Erneuerung gehört
auch, manche Ansprüche, Regelungen und Zuwendungen des deutschen
Wohlfahrtsstaates zur Disposition zu stellen." Der Mann ist
weder Liberaler noch Volkswirt einer grossen deutschen Bank, sondern
so genannter Sozialdemokrat. Aber sicher geht er mit gutem Beispiel
voran, setzt seine kubanischen Zigarren und seine schnöseligen
italienischen Anzüge nicht mehr als Werbungskosten von der
Steuer ab und ersetzt seine Ich-habe-Freude-an-der-Macht-Mimik durch
das Die-Lage-ist-ernst-Gesicht. Zur Alterssicherung müsste
er dann nur noch sein Reihenhäuschen in Hannover abbezahlen. |