Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (05. Januar 2003)
 

  Diese Woche spielen sich an deutschen Tankstellen und in den Supermärkten erschütternde Szenen ab: Dienstwagenbesitzer, Ärzte und andere Opfer der jüngsten Reformen kratzen die letzten Cents zusammen, um sich wenigstens eine Bierdose für Silvester leisten zu können. Das Dosenpfand hat unsere Gesellschaft brutal in Reiche und Arme auseinander gerissen. Die Flasche ist keine Alternative. Denn viele Biersorten, die in den Billigmärkten palettenweise verkauft wurden, greifen schon auf dem Nachhauseweg das Glas an und zersetzen es. Und die teure Dose Augustiner Edelstoff ist für die Armen unserer Gesellschaft so unerreichbar wie ein neuer Rasenkantenschneider.

  Damit nicht genug: Die jetzt von der Regierung ins Spiel gebrachte
Zuzahlungen für Zahnersatz werden dazu führen, dass viele Menschen ihre mühsam zusammen- gesparte Feierabenddose nicht mehr wie früher mit den Zähnen aufmachen können. Sie können sich keine Zähne mehr leisten. Da ist es letztlich gut, dass sie sich auch keine Dose mehr leisten können. Die Initiative von Gewerkschaften und Kirchen "Rettet den Dosenzahn" war bisher wirkungslos. Immerhin überlegt die Regierung, ob das Dosen-Aluminium für die Produktion von Zahnersatz taugt.

  Dennoch: In Zeiten der Not werden die Deutschen erfinderisch. Sie fahren mit dem
letzten Tropfen Sprit bis zu entlegenen Tankstellen in Thüringen oder Süditalien, trotzen der Gefahr durch herabstürzende Bäume und Überfälle von EInheimischen, um pro Liter zwölf Cents zu sparen. Das reicht bei einer Tankfüllung für'ne Extradose Hefeweizen. In den langen Schlangen vor den Zapfsäulen rückt man zusammen. Erinnerungen werden ausgetauscht an damals, als man sich einen Spass daraus machte, die Dose nach dem Trinken mit einer Hand zu zerquetschen oder halbgefüllt einem Nachbarn an den Kopf zu werfen. Herrschaft, kann's denn nicht so werden wie früher?!

  Jetzt aber noch eine gute Nachricht:
Dieter Bohlen hat gebetet! Das Erweckungserlebnis des Komponisten vollzog sich auf dem Rückflug von Moskau, wo er hunderte von Konzerten vor Millionen Russen gegeben hatte. In zehntausend Metern Höhe kollabierte nach der dritten Modern Talking CD das Unterhaltungssystem seiner Privatmaschine. Kurzschluss! Fast-Absturz! Laut Ohrenzeugen improvisierte Dieter folgendes Stossgebot: "Ene, mene Mäusespeck, nun liegen wir wohl bald im Dreck. Lieber Gott, sofern's dich gibt, mach dass ich noch Tantiemen krieg." Und tatsächlich: Bohlen landete wohlbehalten. Der liebe Gott ist offenbar auch nicht mehr das, was er einmal war.

 

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