Dinge, so oder so

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Die Dinge der Woche (27. April 2003)
 

  Es ist Frühling! Ein Gewimmel und Geschnäuzel, ein Gewusel und Gezwitscher. Doch nicht nur Mann und Frau umtänzeln einander, wie es ihnen die Hormone befehlen - nein, auch die Politik schreitet mutig aus und treibt eine Reform nach der anderen aus dem Humus ihrer Ausschüsse, Kompetenzzentren und Debattenzirkel.

  Diese Woche war es der kritikresitente Rürup, ein Eisenkraut mit Keimgarantie, der seine Triebe ausschlagen liess. Der normale Rürup gedeiht am besten im halbgaren Klima von statistisch untermauerten Gewächshäusern. Wenn man ihn behutsam zurückschneidet, ausreichend wässert und ihm genügend Platz zum Zwirbeln und Spreizen gibt, reichen seine Triebe bis weit ins nächste Jahrtausend. Zum Verhängnis wird ihm nur die Lauterbach-Milbe, die sich wie Mehltau über viele Rürup-Triebe legt, bevor sie blühen.

  Wer aufsteht, bevor der aufgewirbelte Staub der Tagespolitik den Himmel verdunkelt, hat auch die Chance, den einen oder anderen Scholz zu beobachten. Der Scholz gehört zur Unterspezies der Trottelschnäbler und gilt als so genannter Stellvertretervogel. Symbiotisch mit seinem Wirt verklammert, versucht er Angriffe von Funktionärs-Schnecken und anderen Schädlingen auf sich zu ziehen und abzuwehren. Nur selten gelingt ihm das über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten. Dann ist sein Gefieder zerzaust und zerrupft und sein Wirt, meist ein Alphatier aus Politik oder Wirtschaft, lässt ihn eiskalt fallen. In Berlin sitzen in diesen Frühlingstagen viele verlassene Scholz-Vögel achtlos am Strassenrand und betteln um neue Aufgaben.

  Von all diesen faszinierenden Naturereignissen lässt sich der Sommer aber nicht aufhalten. Er weiss, dass sich das Aufbegehren der Natur, das fiebrige Gebären und erhitzte Turteln unweigerlich in der bräsigen Julihitze zum Erliegen kommt. So lange wartet er, schimpft ein wenig über die übermütige Natur und legt seine warme, schwere Hand beruhigend auf duie Schar seiner Artgenossen. Sie wissen: Am ENde des Frühjahrs wird wieder alles so sein wie bisher.

 

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