Dinge, so oder so

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Die Dinge der Woche (04. Mai 2003)
 

  Das Ereignis der Woche ist zweifellos das Debüt des jungen Autors Stefan Effenberg. Effenberg (Effe) war zuvor literarisch kaum in Erscheinung getreten. Zwar finden sich in diversen Fussball-Umkleidekabinen lyrische Gehversuche, die ihm zugeschrieben werden ("Dibbel dibbel daus, ich lege jede Maus - flach"). Dennoch: Das heranreifende Talent liess sich allenfalls erahnen.

  Nun hat Effenbergs Buch "Ich hab's allen gezeigt" die deutsche Literaturszene durcheinander gewirbelt. Effenberg steht in Tradition der Bohlens, Junkes und Linds, weist aber weit über sie hinaus. Zitat: "Sie hat eine tolle erotische Ausstrahlung und ist eine wahnsinnig gute Mutter." Hätte noch jemand geglaubt, dass unsere so oft missbrauchte Sprache so viele "wahnsinnig tolle" Wörter hat? Damit nicht genug. Zitat: "Ich hatte schon viel Scheiss gehört, aber das war eindeutig der Oberscheiss." Wir stellen fest, dass den deutschen Zeitgeist-Schriftstellern in den vergangenen Jahren keine dem "Oberscheiss" vergleichbare Wortschöpfung geglückt ist. Die Ära der Presecco-Literatur scheint damit beendet. Effes kraftvolle Oberscheiss-Literatur tritt an ihre Stelle.

  Führt schon ein gerader Weg vom Zauberberg zum Effenberg? So weit sind wir noch nicht. Aber hören wir noch mal hinein, in Effenbergs Gedankenwelt: "Ehrlich gesagt, mit taten meine Schuhsohlen leid, so widerwärtig war der Kerl." In diesem lapidar geschilderten Zusammentreffen mit einem Betrunkenen wird Effes künsterliches Programm transparent: Die luzide Beseelung der Alltagsdinglichkeit fern jedem Klischee.

  Das gegegnet uns in seinem Buch immer wieder, ohne prätentiös zu wirken: "Ich musste erst mal auf die Toilette und ordentlich über die Kloschüssel abhängen, um zu kotzen." Kein zeitgenössischer Autor wagt es heute noch, seine kaum verdaute Buchstabensuppe in einer so so kunstvoll gebrochenen Weise aufs Papier zu giessen. Jetzt sind wir nur gespannt auf Effes nächste Schritte. Ganz wahnsinnig toll gespannt.

 

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