Dinge, so oder so

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Die Dinge der Woche (29. Juni 2003)
 

  Die Reiferen unter uns wissen: Das Schlimme ist doch nicht, dass man in der Schule zuwenig lernt, sondern, dass man später alles wieder vergisst. Prüfen sie sich bitte: Wer schrieb "Aus dem Leben eines Taugenichts"? Wie ermittelt man mit Hilfe eines Zirkels den Mittelpunkt einer Strecke? Wie funktioniert die Fotosynthese? Das haben Sie alles einmal gewusst. Aber grämen sie sich nicht. Inzwischen können sie hervorragend Autos lackieren, kommen Monat für Monat prima mit dem knappen Haushaltsgeld aus oder schreiben pfiffige Werbetexte. Nur mit Mathematik, Biologie und EIchendorffs Novellen haben sie nichts mehr am Hut.
  Blilcken wir hingegen auf
die Jugend, die mit heraushängender Unterwäsche durchs Stadtbild stolpert. Der kann es mit dem Vergessen nicht schnell genug gehen, die behält den Lernstoff gerade mal bis zur grossen Pause. Was oben hineingetrichtert wird, fliesst rechts und links zu den Ohren wieder hinaus. Nun handelt die Kulturministerkonferenz. Sie legt Bildungsstandards fest und macht deutlich: Nicht der Lehrplan zählt, sondern das Ergebnis. Fürs Erste beschränken sich die Minister darauf, was Schüler bundesweit nach zehn Jahren Deutsch und Mathe wissen und können sollen. Und, liebe Eltern, nicht auf die Lehrer schimpfen, wenn das Kind schlechte Noten heimbringt. Vielleicht ist es einfach dumm.
  Doch manches stimmt zuversichtlich. Schauen wir ins Ramschangebot des Internet-Auktionshauses Ebay. Dort wollen 160 Menschen dringend Dieter Bohlens "Nichts als die Wahrheit" loswerden. Zwei haben das Buch grosszügig unter der Rubrik "Kunst und Kultur" eingestellt. 60 Menschen schlagen hastig Stefan Effenbergs
"Ich habs allen gezeigt" los, Daniel Küblböck bringt es mit CDs und Devotionalien auf 191 Notierungen. Schnell raus damit!
  Jetzt aber die wahre Kultur: Dichter
Joseph von Eichendorff - lediglich zehn Notierungen. CDs des gefeierten Baritons Thomas Quasthoff - eine einzige im Angebot, auf die abers chon neun Gebote eingegangen sind! Schriftsteller Thomas Bernhard, von dem etwa 40 Werke lieferbar sind, ist nur 30-mal zu haben. Von solchen Schätzen trennt sich eben niemand gern. Und das ist ein gutes Zeichen.

 

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