Samstagnachmittag auf einem kleinen
Campingplatz in Cinque
Terre. Der Regen hat den Boden schlammig aufgeweiht. In der Luft
liegt ein Duft von Urin und Bier. Geduldig schöpfen die Gäste
das Wasser aus ihren Zelten. EIn braun gebrannter Mann hinkt zum
Duschraum. Er trägt einen schmutzigen Bademantel mit der Aufschrift
"Steigenberger Hotel Frankfurter Hof". Er hält ein
kleines Handtuch und eine Flasche Apfelshampoo. "Mal wieder
waschen", murmelt er vor sich hin. Sein Knie schmerzt, seit
er gestern nach einigen Gläsern Tucher-Pils über den Campingofen
seines Zeltnachbarn gestolpert war.
"Michael,
brauchst du Kleingeld für die Dusche?", ruft der Camping-Platzwart. Der braungebrannte
Mann schüttelt den Kopf: "Bärbel hat die Flaschen
zurückgebracht." Kleingeld! Um welchen Mist man sich plötzlich
kümmern muss! Und dann dieser versaute Campingplatz! Irgendwie
ist das ganze schief gelaufen. Dabei wollte Michael nur eine zweite
Chance. EIne Presseerklärung war fix formuliert: "Im Interesse
des europäischen Gedanken biete ich mich als Brückenbauer
und Vermittler im deutsch-italienischen Zerwürfnis an. Meine
Freunde und Weggefährten wissen, dass ich vom Fressen mehr
verstehe als die ganze Toscanafraktion. zusammen." Italien
schloss daraufhin die Grenzen, doch zu spät. Michel hatte das
Nötigste bereits eingepackt: 233 Krawatten, Kleingeld, 69 Hemden,
noch mal 23 Haifischkragen extra, Bärbel und ein paar Tütchen
als Stimmungsaufheller. Und heute? Das Geld ist alle, die Hemden
trägt der Platzwart, die Tüten sind Erinnerung. Nur Bärbel
ist noch da und lackiert sich die Zehennägel.
Aber die hört auch nicht mehr zu. Niemand hört mehr zu. Die Zeltnachbarn aus Holland haben freundlich genickt,
als Michel zu mehreren Pressekonferenzen in den Gemeinschaftsraum
einlud. Jetzt bleiben sie lieber im Zelt. "Man hat dich vergessen,
Michel", murmelt er und benetzt seine Badeschlappen mit Tränen.
Obwohl: Gestern fuhr doch dieser Mercedes mit den Ukrainerinnen
auf den Platz. Da müsste man doch mal ... Michel leckt sich
die Lippen.
Fortsetzung
irgendwann. |