Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (01. Februar 2004)
  

  Diese Woche erreichte uns die Nachricht, dass die EU-Wettbewerbskommision Ermittlungen gegen drei Fahrstuhlhersteller eingeleitet hat. Sie sollen sich bei Ausschreibungen abgesprochen und beim Service die "freie Konkurrenz" behindert haben.

  "Ja, und?", werden Sie fragen. Absprachen sind in unserer Wirtschaft doch geradezu ein Treibmittel. Gerade die Fahrstuhlindustrie schuf dafür erst die Voraussetzungen. Schätzungen zufolge werden die meisten Beraterverträge und Gehaltsverhandlungen zwischen dem ersten und dem 32. Stock eines modernen Bürogebäudes ausgehandelt. Die Maximalbelastung des zeitgenössischen Aufzuges von rund 250 Kilo verhindert wirkungsvoll den Zugang von freier Konkurrenz. Schliesslich wiegt ein durchschnittlicher Topmanager mindestens 87 Kilo. Rechnet man die Aktienoptionen und Versorgungsansprüche hinzu, überschreitet auch eine Kleingruppe schnell das Limit.

  Nach unseren Recherchen hätten die Beraterverträge bei der Buundesagentur für Arbeit nie geschlossen werden können, wenn dieses Gebäude nicht über dutzende moderner Lifte verfügen würde. Die brummten wie geschmiert über Monate hinweg auf und ab und nahmen Schwärme von dunkel gekleiderten Bergers und McKinseys auf, deren Blick beim Betreten eines Drittens schnell verträumt in die Ferne ging. Hatten sie den Lift verlassen, blieb nur der schwache Geruch nach Erfolg und Leistung in den Kabinen hängen.

  Welten trennen diese Geschmeidigkeit von der düsteren Welt des französischen Films "Fahrstuhl zum Schafott" (1957). Dort bleibt der Mörder des Ehemanns der Geliebten im Lift stecken und muss am Ende auf der Richterstätte büssen. Viele Angestellte, die diesen Film gesehen haben, verstehen sich zwar blendend mit dem Ehemann ihrer Geliebten, haben aber dennoch Angst vor dem Lift. Ihnen hilft vieleicht ein Modellprojekt im schwedischen Uppsala, bei dem schwer vermittelbare Arbeitslose als Kassierer für kostenpflichtige Fahrstühle eingesetzt werden. Sie fahren mit und sorgen dafür, dass bei einem Beratergespräch die soziale Balance gewahrt bleibt. Würde man also für jeden Lift in Deutschland drei Arbeitslose einplanen, wären wir aus dem Gröbsten raus.

  Nur der Geruch in den Kabinen wäre vieleicht ein anderer.

 

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