Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (08. Februar 2004)
  

  Die vergangene Woche stand ganz im Zeichen der oft enigmatischen Beziehung zwischen Mensch und Tier. Seit Jahrtausenden unterscheiden wir fein zwischen Heimtieren, die der Zerstreuung nach anstrengenden Arbeitstagen dienen, und Nutztieren, die nur des Menschen täglichen Bedarf an Eiweiss und Speck stillen. In Zeiten, da der Mensch in Urlaubsgebieten und Ballungsräumen massenhaft auftritt, müssen auch Nutztiere massenweisse gezüchtet werden. Das führte zu Verwerfungen in den sozialen Sicherungssystemen, die sich jetzt bei der Vogelgrippe dramatisch auswirken.

  Nun ist klar, dass nicht jedem kranken Hühnchen Wadenwickel, Aspirin und Saunabesuche verordnet werden können. Solche kostspieligen Therapien lässt man heute nur noch seltenen Zierfischen oder Papageien angedeihen. Normal versicherte Hähnchen scheuen dagegen den Weg zum Arzt, weil sie mit der sofortigen Überweisung in eine Imbissbube rechnen. Heimtiere wiederum, die oft privat versichert und kinderlos sind, verweigern ihren Solidarbeitrag. Ein Systemwechsel ist also dringend nötig.

  Wie weit aber die Zweiklassenmedizin fortgeschritten ist, zeigt eine Meldung aus England. Dort überlebte ein Goldfisch einen Autounfall, bei dem er vier Meter weit auf die Überholspur geschleudert wurde. Erst 15 Minuten später setzte ein Notarzt ihn in eine Dose mit Wasser, worauf er zu schwimmen begann. Die Quote von einem Notarzt pro Fisch ist auch in reichen Gesellschaften nicht mehr aufrechtzuhalten. Es wird Zeit, das Verhältnis Mensch und Tier neu zu überdenken.

  Der jetzt verstorbene Schauspieler O. W. Fischer hat das schon längst getan. Er wollte als Insekt wiedergeboren werden, sagte er in seinem letzten Interview. Ob das geklappt hat, ist noch unklar. Man muss wohl den Frühling abwarten, wenn es wieder schwirrt und zirpt in der Luft, und genau hinsehen, ob eine Libelle nicht Ähnlichkeit mit Ludwig II. von Bayern hat. Diese Feinfühligkeit sollten wir auch im Umgang mit Nutztieren zeigen. Was nicht schwer ist: Stellt man sich vor, dass viele der erkrankten Hühner in Asien vor ihrer Wiedergeburt als Touristen in kurzen Hosen herumzogen, möchte man vom Genuss dieser Tiere erst recht absehen.

 

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