Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (21. März 2004)
  

  Das Leben einer Redaktion besteht aus Abwägen, Prüfen und Analysieren. Welchen Trend will man ausrufen, welchen Politiker im Staub zertreten, welches Menü in der Kantine auswählen? Abes es gibt auch Themen, die das Herz diktiert. Ein Thema ist der Beginn des Frühlings. Er stellt sich meist Ende März ein, wenn ganz Deutschland noch erschöpft ist von Reformdebatten, Winterdiensten und Skilanglauf-Wettbewerben. Den Frühling bemerkt man, wenn man morgens aus dem Fenster blinzelt und sieht, wie leicht bekleidete Frauen knospend aus dem Asphalt der Strasse brechen. Und man weiss: Jetzt gilt's! Über den Frühling muss geschrieben werden! Auch hier und heute!

  Aber was noch schreiben? Zahllose Dichter haben diesen Moment besungen, wo die Blütenstängel treiben, die Bienen besinnungslos in der Luft herumtaumeln und das Gesumsel frenetisch fröhlicher Radiomoderatoren wie warme Abluft aus den Fenstern hinaus weht. Jeden Moment, wo der Winter, der düster klirrende Gevatter, beim rituellen Kauf bunter Bettwäsche vertrieben wird. Aber es wird geschrieben! Im Frühling verspüren viele Menschen den Drang, zu dichten. Ihre Gedichte sind zum Bersten voll mit Naturmetaphern und Vogelstimmen, mit fiebrigen Geschnäbel und meditativer Blumenbetrachtung. Sie ozillieren zwischen Muttertag und scheuer Erotik.

  Damit auch Sie, lieber Leser, zwischen den vor sich hinmurmelnden Freizeitpoeten nicht mit leeren Händen dastehen, haben wir hier Schlüsselwörter für ein Frühlingsgedicht zusammengestellt: Herz. Baum. Krokus. Mädchen. Haut. Sonne. Sinn. Biene. Hinaus! Grün. Blau. Gelb. Schwül. Springen. Zwirbeln. Küssen! Blinzeln. Lachen. Schnuppern. Züngeln. Träumen. Rot. Nachtigall. Goldammer. Feldhase. So, das reicht fürs Erste. Probieren sie Ihr Glück und reimen sie volle Pulle! Und schicken Sie uns bis Herbst ein paar Exemplare.

 

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