Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (18. April 2004)
  

  Folgen Sie uns, liebe Leser, mal ganz tief nach unten. Auch wenn es hier stinkt, feucht und modrig ist, gibt es einen Anlass, sich mit dem Phänomen Sumpf näher zu befassen. In Shanghai nähmlich versinkt gerade der Transrapid, Deutschlands Exportwunder, im sumpfigen Untergrund. Das berichteten Agenturen letzte Woche. Eben noch hat die Schwebebahn tausende Chinesen hurtig hin und her transportiert, jetzt drücken tonnenschwere Pfeiler und das schwere Essen an Bord den Zug nach unten.

  Wenn schon ein Transrapid einfach im Sumpf verschwinden kann, was ist denn noch sicher?, fragen sich erschreckte Beobachter. Und tatsächlich: Die Städte des Nildeltas sind längst verschluckt. Venedig sackt ebenfalls ab und hält sich nur deshalb noch über der Oberfläche, weil sich durch die zahllosen Korruptionsaffären in Italien das sumpfige Erdreich sich so verdichtet hat, dass ein weiteres Absinken nicht möglich ist. Anderes in Deutschland: Immer weniger Menschen sind bereit, aus Scham und Schuld im Boden zu versinken. Sie gehen statt dessen in Containersendungen (Wussow), ins Ausland (Schill) oder bleiben bis zuletzt im Amt (Weltke). Deshalb ist der Untergrund hier zu Lande noch aufnahmefähig.

  Aufmerksame Beobachter weisen deshalb darauf hin, dass auch in Deutschland die ersten Banken, Vorstände und Politiker zentimeterweise absacken. Sie, liebe Leser, sollten sich dem Trend nicht entgegenstellen. Passen Sie sich lieber beizeiten dem Ökosystem Sumpf an. Scheuen Sie sich nicht , Gefälligkeiten anzunehmen, krallen Sie sich an Ihrem Amt fest, blubbern Sie eifrig mit der Masse. Dort unten treffen Sie bestimmt Freunde und Bekannte.

  Wie, Sie geraten jetzt schon ins Rutschen? Dann gibt's nur eins: Tief Luft holen und Ruhe bewahren. Auch wir müssen jetzt Schluss machen. Überall diese verdammte Feuchtigkeit!

 

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