Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (17. Oktober 2004)
  

  Wir müssen an dieser Stelle vom Entrepreneur sprechen. Sie wissen nicht ... ? Also: Entrepreneure sind Unternehmer. Früher wusste jedes Kind: Der Entrepreneur war der strenge Herr, der sich während der Arbeit an einen heranschlich, väterlich die Hand auf die Schulter legte und raunte: "Sie sind ja schon eine Weile bei uns - schauen Sie doch mal auf Ihren nächsten Gehaltszettel." Auf dem fand sich dann tatsächlich eine Lohnerhöhung um 36 Mark.

  So waren sie. die alten Entrepreneure. Sie stampften Firmen aus dem Boden und schickten ihre Arbeiter in Kur, wenn deren Gesichtsfarbe zu fahl wurde. Gewerkschafter durften, als man sie nicht mehr erschiessen lassen oder einsperren konnte, mit in die Aufsichtsräte rein. Sie trugen ungeschickt gebundene Krawatten und hatten das Gefühl, irgendwie beteiligt zu sein.

  Die Ereignisse um Opel und Karstadt zeigen, dass es keine Entrepreneure mehr gibt. Denn die müssen ja laut Bürgerlichem Gesetzbuch eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einahmen selbstständig ausüben. Das unterscheidet den Entrepreneur vom Manager, dem die Absicht zur Gewinnerzielung schwer nachgewiesen werden kann. Im Gegenteil: DIe Manager unserer Top-Unternehmen sind findig darin, Gewinne zu verhindern. Sie haben den Begriff der schöpferischen Zerstörung des berühmten Ökonomen Schumpeter neu interpretiert. Mit sicherer Hand blockieren sie Entscheidungen, verhindern Innovationen und demütigen ihre Kunden. Wenn sie fertig sind, wechseln sie wie emsige Bienen zum nächsten Betrieb.

  Bienen? Den ehemaligen Karstadt-Chef Wolfgang Urban und seine Opel-Kollegen müsste man eher als feiste Hummeln bezeichnen. Ihre schöpferische Zerstörung hat eine ökonomische Brache geformt, auf der orchideengleich die Entrepreneure der Neuzeit wachsen: Grossbäcker, Dönerbuden, Handyshops uund Polyester-Boutiquen.

  Die alten Entrepreneure kriegen das nicht mehr mit. Sie haben sich auf dem Entrepreneurship versammelt. Auf diesem Schiff (ship!) spielt die Bordkapelle Schlager der 20er Jahre, man trinkt Champagner und raucht Zigarren. Stahlkapitäne scherzen mit Werftbesitzern, Chemiebarone mit Automobilerfindern. Gewerkschaften sind keine an Bord, zumindestens nicht auf dem Oberdeck. Auch keine Manager. Denn die haben zurzeit mächtig viel zu tun.

 

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