Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (28. November 2004)
  

  Eine düstere Woche: Wieder haben internationale Pisa-Experten unser Bildungssystem bewertet. Sie reisten in einer langen Kolonne durch Deutschland. Oft hielten sie an und schenkten den zerlumpten Gestalten in den Betonwüsten der Städte Glasperlen und Seife. Jeden Aufenthalt nutzten sie, um den seltsamen Kauderwelsch aufzuzeichnen, in dem sich die Einheimischen unterhielten. Das war ein Lachen und Geschrei, als man den Befragten zeigte, wie man mit fünf Fingern einfache Rechenaufgaben löst!



  Offen ist die Sunde, wo Deutschland in der Pisa-Studie steht. Könnten wir noch mit berühmten Universitätsstädten wie Lagos und Tirana mithalten? Allem Anschein nach sind die Finnen wieder auf Platz Eins gelandet. Das hängt damit zusammen, dass es in Finnland früh dunkel wird. Familien drängen sich in ihren Iglus zusammen und lesen einander die Etiketten der Wodkaflaschen vor. In der Kälte bewegen sich die Gedanken so langsam, bis jeder verstanden hat. Und dann ist meist Zeit zum Schlafengehen.

  Von solchen Verhältnissen können wir in Deutschland nur träumen. Damit Sie, lieber Leser, genau wissen, wo Sie uund Ihre Kinder Pisa-mässig stehen, hat unsere Wissenschaftsredaktion einen kleinen Test vorbereitet. Lesen Sie einmal den folgenden Text des Schriftstellers Botho Strauss:

  "Welche Transformierbarkeit besitzt das Unsere, das Angerichtete noch? Allen Anschein nach keine mehr. Wir sind in der Beständigkeit des sich selbst korrigierenden Systems eingelaufen. Ob das noch Demokratie ist oder schon Demokratismus: Ein kybernetisches Modell, ein wissenschaftlicher Diskurs, ein politisch-technischer Selbstüberwachungsverein, bleibe dahin gestellt. Sicher ist, dieses Gebilde braucht immer wieder wie ein physischer Organismus den inneren und äusseren Druck von Gefahren, Risiken, sogar eine Periode von ernsthafter Schwächung, um seine Kräfte neu zu sammeln, die dazu tendieren, sich an tausenderlei Sekundäres zu verlieren."

  Stopp! Tun Sie jetzt so, als hätten Sie den Text verstanden. Referieren Sie den Inhalt und benutzen Sie dabei einige unregelmässige Verben aus dem Finnischen. Schreiben Sie den Text noch einmal rückwärts auf! Schneller! Jetzt ohne die Konsonanten! Ordnen sie Botho Strauss auf einer Skala von 1 bis 12 literarisch ein. Teilen Sie seinen Namen durch sechs und ziehen Sie die Quadratwurzel daraus! Gehen Sie zum Telefon und buchen Sie in der finnischen Stadt Tampere ein Hotelzimmer!

  Stopp! Beantworten Sie jetzt folgende Frage: Was ist der Unterschied zwischen Konsonant und Konsulat? Wie viel Prozent ergeben irgendwann hundert? Wenn ein Fussballspiel zwei mal 45 Minuten dauert - wie schnell müssen dann die Spieler rennen, damit es keine Verlängerung gibt. Warum ist oben kälter als unten? Schreiben Sie die Ergebnisse auf und schicken Sie sie uns zur Auswertung. Dann wissen Sie endlich, wo Sie stehen.

  Das Bild zeigt übrigens einen jungen Ameisenbären namens Ernst-Einar, der aber mit dem Inhalt dieser Kolumne nichts weiter zu tun hat.

 

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