Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (27. Februar 2005)
  

  Auch Beschimpfungen sind der Mode und dem Zeitgeist unterworfen. Als Überlkrähe beschimpfte einst Herbert Wehner den zu Recht vergessenen CDU-Politiker Wohlrabe. Joschka Fischer (Siehe Bild) nannte später den Parlamentspräsidenten Stücklen ein Arschloch und bewies damit sowohl Fantasielosigkeit als auch Volksnähe.



  Seit vergangener Woche ist der Schleuser der Gipfelpunkt der Schmähung. Er rangiert ungefähr auf gleicher Höhe mit dem Zuhälter. Unter jenem kann man sich ja etwas vorstellen: EIn Mensch, stark behaart, ausgestattet mit Autos, Uhren, Mädchen und guten Beziehungen zur lokalen Stadtverwaltung. Aber taugt Schleuser, jener in Zeiten des Flugverkehrs mehr und mehr in Vergessenheit geratenen Berufszweig, als Beleidigung? Was tut er anders, als sich in Ölzeug zu hüllen und Tag und Nacht mittels komplizierter Hebetechnik Schiffen über die Hindernisse einer eigensinnigen Natur hinwegzuhelfen?

  Dennoch muss es eine Verbindung zwischen Schleusern und Zuhältern geben. Denn der CSU-Politiker Glos bezeichnete Aussenminister Fischer als Zuhälter und Schleuser in Personalunion, weil er an den deutschen Ostgrenzen den Fluss der Zuwanderung ins unschuldige Bett des Hinterlandes geleitet habe. Man muss sich das mal vorstellen: Fischer, womöglich behaart, geschmückt mit Mädchen, Uhren und einer Sturmlaterne, hätte nächtens ukrainische Bauarbeiter, Pflegekräfte und Prostituierte über die Grenze getrieben und sein Gehalt dadurch aufgebessert! Der Vorwurf wiegt schwer.

  Immerhin liegen unserer Redaktion Schätzungen des Arbeitskreises Wasserwirtschaft der CDU vor, nach denen vier Millionen erwartungsschwere Ukrainer über die nasse Grenze nach Deutschland kamen. Von Fischer einfach so angehoben und durchgewinkt! Bei Schiffen mag das angehen. Die tuckern einfach weiter und machen irgendwo fest. Der Kapitän schaltet das Satellitenfernsehen ein und isst Würstchen mit Kartoffelsalat.

  Die eingeschleusten Ukrainer aber liessen sich vom Strom der Geschichte weitertreiben und landeten in den Armen von Roland Koch, der sie triumphierend packte und dem "Spiegel" übergab. Diese Erfahrung war für die Betroffenen so traumatisch, dass sie sich umgehend wieder zurückschleusen liessen. Technisch kein Problem. Der politische Niveauunterschied wird nähmlich zunehmend geringer.

 

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