Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (17. April 2005)
  

  Pssst ... Mir geht es gut! Wirklich! Alles im frühlingsgrünen Bereich: Ich habe gleich am Morgen verdammt gute Laune, immer ein launiges Lachen auf den Lippen, ja, so kennt man mich, ich atme begierig aprilfrische Luft, aaah, Mann, tut das gut, spüre meine Triebe, ein munteres Tollhaus, und mildes Sonnenlicht lockt Vitamine sortenreich ins Blut. Da fühlt sich jede Zelle frisch. Wunderbar so weit.

   Ich habe das jetzt mal so gesagt. Ganz unter uns. Denn schick ..., schick ist momentan was anderes. Denken sie jetzt, was will dieser Gute-Laune-Depp? Gut, man kann Ihre Position verstehen. Es ist ja keine Minderheitenposition. Lachen ist peinlich. Depressionen zu haben, völlig in Ordnung.

  "Kranke Psyche ist ein Volksleiden", hat die Angestelltenkrankenkasse (DAK) nach einer internen Befragung festgestellt. Jede vierte Krankmeldung wird aus einer tieftraurigen Stimmung heraus eingereicht. Die Sicherheitsbeauftragten in den Firmen sind alarmiert, blättern hilflos in den Arbeitsschutzbestimmungen und kippen resigniert einen kurzen Burnout-Absacker. Dank ihrer Gewissenhaftigkeit kann der Büromensch nicht mehr vom Stuhl fallen, wohl aber in Depression.

  Wer im Job ungemobbt bleibt, hat erst recht Grund, sich in die Depri-Ecke zu trollen. Er muss einfach einsehen, dass er nicht mal als Gegenstand für Gemeinheiten seiner Kollegen taugt. Sinken Sie gelassen ins Schlechte-Laune-Loch, wenn Sie nicht eh schon drinstecken. Warum geht es den Deutschen so schlecht? Weil sie Geiz geil finden? Quatsch. Zu faul zum Spargelstechen sind? Blödsinn. Überall halb leere Gläser rumstehen sehen? Ganz sicher nicht.

  Es ist die tiefe Traurigkeit, die in den Menschen steckt. Und zwar darüber, dass es anderen grundsätzlich besser geht. Die Deutschen entwickeln sich zu einem Volk von Borderlinern, psychischen Grenzgängern, immer am Rande des Wahnsinns. Das ist durchaus therapiewürdig und bringt auch Politiker zum Verzweifeln (siehe Bild). Was ist normal, wer verhaltensauffällig?




  Je mehr Psychos beieinander sind, umso scheinbar erklärlicher die missliche Lage: DIe Berliner seien mit ihren Depressionen bundesweit an der Spitze, behauptet die DAK. Eigentlich nachvollziehbar. Die Techniker Krankenkasse sieht dagegen die Schwaben vorn, zumindestens die arbeitslosen. Hallo! Mir geht's guuut. Aber irgendwie ist das depremierend.

 

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