Paris.
Am Quai d'Orsay spaziert eine elegante, gertenschlanke Frau,
scheinbar ohne Ziel. Es ist Sabine Christiansen (siehe
Bild). Fernab des proletarisch-stickigen Berlin beginnt sie
ein neues Leben. Unsere Redaktion, deren noblesse Schriften
f�r anspruchsvolle Leserinnen in herrschaftlichen Landh�usern,
die sich abends, in feinstes Wolltuch geh�llt, am knisternden
Kamin dem intellektuell anspruchsvollen Gespr�ch hingeben, hat
sich behutsam der Neu-Pariserin angen�hert.

Durch
die Fenster eines unfassbar teuren Restaurants sieht man sie
beim T�te-�-T�te mit ihrem neuen Gef�hrten, einem nat�rlich
steinreichen Gesch�ftsmann. Wortfetzen dringen heraus: Verspielen
Sie die Zukunft unserer Jugend ... ihre Politik ist verantwortungslos
... haben doch gerade Sie, als Sie an der Regierung waren ...
ich nenne Ihnen die Zahlen gerne ... jetzt lassen Sie mich mal
ausreden ...
So sch�n und unbeschwert
hatte man die 49-j�hrige jahrelang nicht erlebt. W�ren da nicht
die Schatten der Vergangenheit. Sie umflattern die zerbrechlich
wirkende Frau bei ihren Spazierg�ngen. Es sind die Untoten aus
Politik und Gesellschaft, die Becks, B�tikhofers, Westerwelles,
Steinbr�cks. Komm zur�ck, fl�stern sie. Wir sind alles
durch dich und nichts ohne dich. Ohne das Fernsehen sind wir
weniger als Dreck. Sie schluchzen. Drohen. Flehen.
Die
gertenschlanke Frau verscheucht die Gespenster mit einem nonchalanten
Schwung ihres aus bolivianischer Hochlandwolle gewirkten Capes.
Sie l�chelt leise. Sie kann stolz sein. Kein Thema, das
sie nicht in ihrer Sendung gehabt h�tte. Und doch. Irgendetwas
fehlt. So eine Situation, in der Eichel oder M�ntefering, Sommer
oder Henkel einfach mal gesagt h�tten: Wissen Sie, dieses
Thema interresiert mich eigentlich einen Scheissdreck. Ich bin
nur hier, weil ich mich gerne in der Glotze sehe. Oder:
In der Finanzpolitik kenne ich mich keinen Deut aus. Aber
sehen Sie sich mal die anderen Luschen meiner Partei an!
Oder: Ich kann mich auf diese Details nicht konzentrieren.
Meine Tochter, m�ssen SIe wissen, nimmt Drogen und mein Cholesterinspiegel
ist so hoch wie die Einschlatquote Ihrer Sendung. Oder:
Sie haben da wirklich geile Schuhe, Frau Christiansen. Aber
bei Ihrem Gehalt ...
Die gertenschlanke Frau
l�chelt versonnen. Vorbei. Zur�ck bleiben die Zuschauer, das
Heer der Ahnungslosen. |