Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (01. Oktober 2006)
  

  Deutschland setzt sich ab. Nach dem Skandal um die Berliner Inszenierung der Mozart-Oper "Idomeneo" stehen immer mehr etablierte Kulturveranstaltungen auf dem Prüfstand. So auch das bereits legendäre Blockflötenkonzert der Klasse 4 b der Fröbelinggrundschule. Die Aufführung wurde kurzfristig abgesagt. Die Rektorin fürchtete ungehaltene Reaktionen der Eltern, weil die sehr ambitionierte Inszenierung (siehe Bild) unter Leitung der Kunst- und Gymnastiklehrerin Margot M. die Blockflöte in einem grellen neorealistisch-historischen Kontext stellt. "Zu viel Blut", so die Meinung der Eltern, während die Kritik ein "schablonenhaftes pseudonaturalistisches Regiekonzept" geisselte, dass der Blockflöte als Herz abendländischer Musikkultur in keiner Weise gerecht werde.

  In der Redaktion gab es eine hitzige Debatte darüber, ob die Rektorin nicht überreagiert habe und auf diesem Posten schlicht überfordert sei. Ein Blockflötenkonzert sein nun wirklich nicht mit der in Berlin abgesetzten Opernaufführung zu vergleichen. Auch einige erboste Eltern riefen bei unserer Redaktion an. Sie hatten mit der unerwarteten Konzertabsage die wochenlangen Bemühungen ihrer Kleinen um ein harmonisches Blockflötenspiel völlig umsonst ertragen und forderten eine Reaktion der Kulturbehörden.



  Unsere Feuilletonredaktion zeigte sich in dieser Frage gespalten. Plädierten die einen für das Recht der Kunst auf Zertrümmerung traditioneller Werte und überkommener Kunstdogmen, forderten die anderen eine Rückkehr zum Wahren, Schönen, Guten. Dass im Zuge der Debatte der eine oder andere Stuhl auf dem Kopf des Debattengegners zertrümmert wurde, zeigt die Leidenschaft der Diskutanten. Auch die gemeinsame Nahrungsaufnahme in der Kantine dämpfte nicht die Aufregung. Der Souchef hatte das Mittagessen fünf vor zwölf abgesagt. Beim Probieren der braunen Sosse hatte es ihn unter schweren Koliken umgeworfen. Das Essen wurde vom Spielplan abgesetzt.

  Am Abend passierte, was aufmerksame Medienbeobachter schon lange erwartet hatten: Auch die "Tagesthemen" wurden abgesetzt. Die Verantwortlichen wollten das Theater um die Gesundheitsreform nicht länger senden. Kassenmitglieder hatten gedroht, mit unnötig verschriebenen Pillen das Trinkwasser zu verseuchen. Viele Kulturschaffende flüchteten sich daraufhin ins Private. Und ins Bett. Sie mussten sich allerdings von den überraschten Ehefrauen sagen lassen, dass einschlägige Aktivitäten schon seit geraumer Zeit abgesetzt worden seien.

 

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