Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (22. Oktober 2006)
  

  Zoos sind populär in Deutschland - nicht zuletzt dank einer ARD - Serie. Doch der Alltag in den deutschen Tiergärten ist trist: Okapis, die bereits am frühen Morgen betrunken herumlungern. Nachttierhäuser, in denen mit Drogen gehandelt wird. Käfige, in denen Tag und Nacht die Glotze läuft.

  Endlich erkennt auch die Politik, dass in den Zoos eine regelrechte Unterschicht entsteht. Bis zu 45 Prozent der Tiere seien nicht in der Lage, einen Einkaufszettel zu schreiben, einen Dreiwortsatz zu bilden oder auf einer Stange zu balancieren, heisst es. Bildung, Höflichkeit und eine urbane Eleganz, wie sie vor allen bei Giraffen und Straussen gepflegt wurden, sind verschwunden.

  "In den Käfigen herrscht ein Klima der Angst", klagt Horst W., ein Schabrakentapir, der sogar auf den täglichen Spaziergang ins Kaffeehaus zur Lektüre der internationalen Feuilletons verzichtet. Von einer Gruppe arbeitsloser Brillenbären war er bereits zusammengeschlagen worden. Jetzt verlässt er sein Gehege nicht mehr.

  Der Tiersoziologe Thorben W. Purrelmann von der Fachhochschule Gießen sieht die Ursachen in der Globalilsierung: "Wie soll ich einem Gürteltier aus einem Slum in São Paulo klarmachen, dass man sich bei der Futterausgabe hinten anstellt?"



  Viele Tiere flüchten sich in den Konsum, der oft mit Schulden finanziert wird. "Da schleppen Gibbons Handy für tausend Euros mit sich rum, können aber nicht mal die Prepaidkarte bezahlen." Purrelmann verweist zudem auf eine verfestigte fremdenfeindliche Haltung in den Zoos. Wasserschweine und Ameisenbären (siehe Bild) organisieren Kameradschaftsabende und riefen zur Gewalt gegen Pinguine und Eidechsen auf, die sie als rassisch minderwertig ansehen. "Für die war der Führer kein Verbrecher, sondern ein Tierfreund." Die Politik regelt mit Schuldzuweisungen: Die Linke fordert mehr Geld für Tiere an der Armutsgrenze. Sozialdemokraten und Grüne setzen auf Bildungsangebote. Konserative Beobachter vermissen die Bürgerkultur: "Welches Zebra kocht heute noch für sich und seine Kinder?"

  Ältere Zoobewohner sind erbost. "Wir haben uns nach dem Krieg selbst aus dem Dreck geholt, und diesem halbstarken blasen sie Zucker ind en Arsch", klagt ein Panzernashorn. Wie auch immer: Unsere Wissenschaftsredaktion rät momentan vom Zoobesuch ab. Es scheint sinnvoller zu sein, die ARD - Serie zu gucken.
 

 

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