Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (26. November 2006)
  

  Unternehmen sind wie grosse Familien oder kleine Staaten: Voll mit Menschen, die sich hassen, einander den Erfolg neiden, beim Chef anschwärzen, sexuell belästigen und nebenher so einiges beiseite schaffen. Mittlerweile sind aber die meisten Konzerne grösser als die Staaten, mit denen sie Geschäfte machen. Der Siemens-Konzern hat sich rasch auf diese neuen Verhältnisse eingestellt.

  Manager wie Klaus Keingeld (siehe Bild) haben erkannt, dass es rückwärtsgewandt ist, blindlings Produkte unter hohem personellem und technischem Aufwand herzustellen. Schliesslich weiss kein Mensch, ob das Zeug hinterher auch gekauft wird. Jetzt gilt: Für jedes Produkt muss es einen sicheren Abnehmer geben.

  Diese wenigen Kunden müssen intensiv betreut werden. So verlassen tagtäglich lange Karawanen mit Gold, Geschmeide, Gewürzen, Waffen und Frauen die Siemens-Zentrale. Sie werden in afrikanischen oder zentralasiatischen Zwergstaaten vor die Füsse örtlicher Potentaten gelegt. Im interkulturellen Güteraustausch zählen dabei kleine menschliche Gesten oft mehr als technische Daten. Eine Handyproduktion einfach abstossen kann jeder. Sie aber in mehrere Tonnen Geschenkpapier einzupacken und mit einem netten Anschreiben zu versehen, (Lieber Ben ... dein Klaus) macht den Unterschied. Ben hat damals übrigens mindestens drei Ultraschall-Diagnosegeräte gekauft.



  Mittlerweile befinden sich in den Regierungspalästen der Empfängerstaaten Magnetresonanzgeräte, sanft laufende Schiffsmotoren und Klimaanlagen. Die meisten Nutztiere lassen sich einmal im Jahr mit einem Siemens-Lithoskop urologisch untersuchen.

  Doch der internationale Markt verlangt ständig neue Produkte: Kernspintomografen, die geländegängig wie schussfest sind, Schaltmodule, mit denen sowohl Aufzugtüren betätigt als auch Dissidenten hingerichtet werden können, Hörgeräte, die andere Hörgeräte abhören können, panzersichere Schnellzüge mit kleiner Spurbreite.

  Der Trend zum Begleitgeschenk droht den Konzern allerdings auszusaugen. So kostete die Weihnachtsfeier eines afrikanischen Milizenchefs rund 200 Millionen Euro. Da dieser danach erschossen wurde, konnte er die Belege nicht mehr gegenzeichnen. Und Siemens-Chef Kleingeld erkannte erst in dem Moment die Bedrohung, als auch seine Sekretärin als Geschenk abtransportiert wurde.
 

 

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