Im Biergarten, wo er jeden Tag stundenlang auf sein Glas mit alkoholfreiem
Weissbier (siehe Bild) einredet, nennen sie ihn den Grantler. Seinen Namen
kennen sie nicht. Natürlich hat der Wirt und hat mancher Gast schon
versucht, dem etwa 80-jährigen Mann, der eine Brille mit schmalem Goldrand
trägt und sein schütteres Haar offenbar mit einem billigen Mittel aus dem
Drogeriemarkt gelblich-blond tönt, sein Geheimnis zu entlocken. Doch nach
einem jäh mit gerecktem Kinn hervorgestossenen "Ich bin, ääääh, ich meine,
ääääh ..." versinkt er sofort wieder in Schweigen.
Nur seinem Bierglas, dem vertraut er sich an. "Was hätte ich alles werden
können", murmelt er. "Bundespräsident, EU-Präsident, Präsident beim FC
Bayern. Ich hätte all diese tollen Brasilianer nach münchen geholt. Eine
brasilianische Traumelf hätten wir gehabt: Ronaldo, Ronaldinho, ääääh,
und, ääääh, andere Brasilianer: Den Podolski und den Klose. Und Rivaldo,
natürlich Rivaldo. Und Ronaldo, Ronaldinho, Ronaldo.
"Ich war jemand, damals in Bayern. Jawohl. Vorsitzender von dieser Partei
war ich. CD hiess sie, oder DVD, irgendwas mit C am Anfang jedenfalls.
Kanzler war ich auch einmal. Aber nicht lange. Ich weiss noch genau, wie
meine Frau am Wahlabend ein Gläschen Champagner für uns zwei aufgemacht
hat. Meine Frau, wie hiess sie gleich wieder? Merkel, ääääh, Christiansen.
Nein, auch nicht - Mieze hiess sie. Richtig: Mieze. Ist später mit dem
Seehofer durchgebrannt, die Mieze, als er Ministerpräsident wurde. Oder
war das gar nicht der Seehofer?"
"In München haben sie jetzt ja den Transrapid. Den haben sie in
Frankreich, in Charles de Gaulle, nicht. Damit rücken die bayrischen
Städte näher an den Hauptbahnhof, ohne Einchecken. Hab' ich dort nicht
diesen Schröder abgeholt? War mein bester Freund, der Schröder. Bei dem
hätte ich Minister werden können, aber der Strauss hate was dagegen, hat
seine Tochter gesagt. Dabei hiess sie gar nicht Strauss, sondern
Beckstein. Und dann hatte ich es satt. Bin zurückgetreten, obwohl alle
gebettelt haben, ich solle noch fünf Jahre weitermachen. Aber daran will
sich heute niemand mehr erinnern." |