Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (21. Oktober 2007)
  

   Es ist an der Zeit, in dieser Kolumne eine Lanze für die Senioren zu brechen. Aufgeschreckt ha uns die Nachricht, dass einige norwegische Gemeinden ihre Altenheime an die spanische Küste verlegt haben, der niedrigen Kosten und des freundlichen Klimas wegen. Weitere Rentner sollen schon auf dem Weg nach Spanien sein.

   Wir aber halten diese Tendenz für grundfalsch, und dies nicht alleine aus der Sorge heraus, die besten Plätze am Strand könnten bereits ab Sonnenaufgang von schlaflosen Rentnerscharen belegt sein. Sondern weil wir die Senioren hier im Lande brauchen. Viel zu lange hat die Gesellschaft Rentner zu verwirrten Existenzen erklärt, die zwischen 17.30 und 19 Uhr die Supermarktkassen verstopfen und das Personal in fruchtlose Diskussionen verwickeln, was denn bitte schön Pehbeck-Sammelpunkte seien und dass man früher für grössere Einkäufe Rabattmarken bekommen habe. Aber das hätten die Supermarktketten heute offenbar nicht nötig.

   In Wahrheit sind Senioren die Leistungsträger unserer Gesellschaft. Wer hat denn neulich zwei Nobelpreise für Deutschland eingesackt? Herren im besseren Pensionsalter: Der Physiker Peter Grünberg, 68 Jahre, und der Chemiker Gerhard Ertl, 71 Jahre. Auch das Vorurteil, im Alter lasse das Gedächnis nach, ist widerlegt - ebenfalls durch einen Nobelpreisträger: Der Literat Günter Grass hat mit 79 Jahren überhaupt erst begonnen, sich zu erinnern, als junger Mensch in der Waffen-SS gewesen zu sein. Und als Ausweis körperlicher Leistungsfähigkeit mag der Südtiroler Luis Trenker gelten, der bis ins hohe Alter in entlegenden Alpentälern, die ohne sein Zutun heute vielleicht menschenleer wären, für zahlreiche Nachkommenschaft sorgte.



   Doch sollten wir unseren Senioren nich nur Spitzenleistungen abverlangen. Auch im Alltag ist ihr Einsatz willkommen. Aufmerksame Pensionäre könnten beispielsweise in Wohnblocks Acht darauf geben, dass der Müll ordentlich getrennt in die richtigen Tonnen verbracht wird. Gründlich lesende Rentner könnten durch Einsendungen korrigierter Artikel die Quote an Schreibfehlern in den Tageszeitungen senken helfen, und Senioren, die gerne Auto fahren, sollten im fliessenden Verkehr pädagogisch wirken, indem sie andere Autofahrer durch Gesten oder als vorausfahrendes Vorbild im richtigen Verhalten schulen. Die ersten dieser ehrenamtlichen Helfer haben im Vorgriff auf Förderungsprogramme des Familienministeriums bereits ihre Tätigkeit aufgenommen.

   Prominenten Fürspruch hat die gute Sache jetzt durch die Schriftstellerin Eva Herman bekommen. Sie arbeitet an einem historischen Seniorenroman mit dem Titel "Gegen die Fahrtrichtung der Autobahn".
 

 

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