Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (18. November 2007)
  

   Unsere Wochenschau berichtet an dieser Stelle vom Stellungskrieg an den deutschen Bahnhöfen. Die Operation Nachtsprung, die höchstrichterliche Zerschlagung der GDL, wurde wegen des überraschenden Wintereinbruchs, der die Rechtswege unpassierbar machte, verhindert. Jetzt sind die Fronten erstarrt. GDL-Befehlshaber Manfred Schell (siehe Bild) droht, er werde eher seine Augenbrauen opfern, als einen Schritt zurückweichen. Er forderte die bedingungslose Kapitulation und bietet Bahn-Chef Hartmut Mehdorn Exil im stillgelegten Bahnhof Lübeck-Schönböcken an.

   Unterdessen kommt es in vielen belagerten Städten zu heftigen Nahverkehrskämpfen. Die Zivilisten an den Bahnhöfen können mit Imbiss-Ständen notversorgt werden. Zehntausende Kriegsfreiwilliger aus dem Osten strömen zu den Einheiten der GDL. Ihnen fehlt jedoch jede Erfahrung mit grösseren Streik-Operationen. Nachdem die Fronten festgefahren sind, macht sich Enttäuschung über die starre Taktik ihres Oberkommandos breit. Desertionen nehmen zu. Die Stadt Leipzig, die seit Tagen bestreikt wird, ist von der Aussenwelt abgeschnitten. Es kommt zu Hamsterkäufen. Mehdorn wirft Geld aus der Luft ab.



   Mitte der Woche fordert die GDL erneut bediengungslose Kapitulation der Bahn. Bahn-Chef Mehdorn reagiert: "In meinen Waggons wird keine Kapitulationsurkunde unterzeichnet!" Er kommandiert zur Verteidigung seines Führungsbunkers einige ihm treu ergebene Fahrkartenautomaten zurück, die unter den Streikenden wegen ihrer Kaltblütigkeit gefürchtet sind. Das Misstrauen des Bahn-Chefs gegenüber seinem Stab wächst jedoch, Aktentaschen müssen vor jeder Besprechung abgegeben werden. Der Verantwortliche für den Schienen-Ersatzverkehr wird vor ein Kriegsgericht gestellt. Besonders die eloquente Personalchefin Margret Suckale erregt Mehdorns Unmut. Sie ist bereits viermal entlassen und wieder eingesetzt worden. Heute soll sie zu einem Fernsehduell gegen Schell antreten. Dieser macht aus seiner Verachtung kein Hehl. Von Flintenweibern ist die Rede.

   Unterdessen bewegen sich endlose Trecks von Zivilisten durch das Land. Viele sind unterernährt, in den Gesichtern spiegelt sich noch der Schrecken der Streikschlachten. An den Bahnhöfen spielen sich erschütternde Szenen ab. Familien drängen sich in die Züge, um vor Weihnachten bei ihren Verwandten zu sein. Pendler bestechen die Begleitkommandos mit Laptops und Schnaps. Mehdorn befiehlt, alle Bahnhöfe zu verteidigen, und verspricht die Versorgung aus der Luft. Wer dennoch flüchtet, wird mit Entzug der Bahncard bestraft.

   Nach tagelanger Artillerievorbereitung mit Beleidigungen und gegenseitigen Vorwürfen beginnt am 14. November die grösste Offensive in der Geschichte der Deutschen Bahn. Um den Bahn-Chef wird es einsam. Seine Stellvertreter haben sich in den Süden abgesetzt und betreiben Sondierungen für einen Separatfrieden. Al ihr Führer davon erfährt, läst er sie absetzen und setzt sich selbst ins Führerhaus des neuen, stark gepanzerten ICE-3. Er wird trotz heftigem Feindfeuers in der belagerten Stadt Leipzig wie ein Held empfangen. Endlich bekommen die entkräfteten Bürger wieder Budapester Kesselgulasch (4,20 Euro)  und Tagliatelle mit Lachs-Rahmsauce (8,90 Euro) aus den Feldküchen der Mitropa.

   Doch die Lage ist kritisch, nachdem in Frankreich die von der GDL ersehnte zweite Front eröffnet wurde. GDL-Chef Schell fordert die bedingungslose Kapitulation. Ein unmittelbar in seiner Nähe explodiernder Servicepoint lässt ihn bis auf weiteres ertauben. Auf den Fortgang des Krieges hat das keinen Einfluss, da er ohnehin auf niemanden mehr hört.
 

 

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