So, lieber Leser, trinken
Sie noch einen Schluck aus dieser Flasche mit albanischem Rotwein.
Jetzt ein Stück Butter essen. Fertig? Ja, das tut am Anfang
ein bisschen weh. Jetzt weiter trinken. Nicht nachlassen. So,
und jetzt üben wir, wie Sie Ihrer Kollegin eine Praline aus
dem Dekolleté fingern. Nicht mit fünf Fingern, bitte, etwas
dezenter. Schön weiter trinken. Jetzt wird's ernst: Die Kollegin
versucht, Ihnen die Krawatte zu entreissen. Sie zeigt dabei
Anzeichen von Übelkeit. Was tun? Angeekelt wegstossen? Nicht
bei der Personalchefin! Nehmen SIe den Sektkühler und halten
Sie ihn dezent an die richtige Stelle. Zwei leichte Klapse in
die Nierengegend beschleunigen den Vorgang. Zum Nachreinigen
benutzen Sie Ihre Krawatte. Dann wieder trinken. Ja, das ganze
Glas. Morgen kommt Lektion zwei: WIe trinke ich auf dem Kopf
stehend zwölf verschiedene alkoholhaltige Mischgetränke?
Warum
wir diese Ratschläge veröffentlichen? Nun, die Wochen vor Weihnachten
sind traditionell die hohe Zeit der Weihnachtsfeiern.
Kein anderes Land hat diese Tradition in einer so kultivierten
Weise gepflegt, hat seine nationalen Traumata so sublim in ein
Ritual gegossen wie Deutschland. Die Gratwanderung zwischen
Vulgarität, Flachsinn, Trunkenheit und sittenwidriger Fraternisierung
wird immer eingehalten. Die Zahl unehelicher Schwangerschaften
und fristlosen Kündigungen bleibt seit Jahren auf konstant hohem
Niveau.
Bei
unserer Redaktion laufen die Vorbereitungen auf die diesjährige
Weihnachtsfeier seit August. Grosse Mengen an Kartoffeln und
Fett, leichten Winterweinen und leichten Mädchen aus Südosteuropa
wurden eingelagert, Pelzmützen für die anstehende Schlittenfahrt
rund um das Pressegebäude gekauft, eine Sauna gezimmert. Seit
vier Wochen ist das Fest nun im vollem Gange. Wir schauen
mal rein: Toll! Sentimantal-brutale Stimmung. Mix aus Ostfront
und Schulparty. Muss noch 'nen Schluck. Herrgott, waren doch
auch mal jung. Chef?! Auch einer von uns. Gläser hoch, Luft
raus. Fest der Liebe noch weit weg. Ja, die Liebe. Jetzt rück
mal ran, so jung kommen wir nicht mehr ...! Flasche her! Auch
gewichtelt? Und? Putzlumpen und Handtuch als Spülmaschine! Dolle
Idee. Hustenbonbons als Verhütungsmittel! Holla! DIese Wichtel
von Kollegen trinken wir jetzt untern Tisch. Und, Frau Kollegin?
Gehört Ihnen das Deklotee, Dekolldings? Sauber. Und die Leser
müssen das lesen! Arme Wichtel. Schaut lieber bei uns rein.
Und gute Laune mitbringen!
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