Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (23. März 2008)
 

   Sie glauben nicht an Ostern? Sie denken bei Matthäus an Fussball? Sie sind überzeugt, das der Osterhase eine Fiktion, Projektion, bestenfalls ein märchenhaftes Wesen, ursprünglich vieleicht nur, wie oft vermutet wird, ein schlecht ausgebackenes Osterlamm sei? Reissen Sie sich bitte zusammen! Nehmen Sie diese Spalte, schneiden Sie sie aus, falte Sie sie zusammen und verstecken Sie sie vor sich selbst im Garten oder in einer öffentlichen Grünanlage. Warten Sie ein, zwei Stunden. lesen Sie den Rest der Zeitung (vieleicht den Reiseteil), gehen Sie spazieren oder sehen Sie sich einen Sandalenfilm religiösen Inhalts im Fernsehen an. Dann suchen Sie das versteckte Stück Papier und freuen sich wie ein Kind über den unerwarteten Fund.

   Wer bezweifelt, dass sich mit solchen Mätzchen die Beseeltheit der Osterzeit heraufbeschwören lässt, hat vermutlich recht. Tatsächlich scheint die Melange von christlicher Überlieferung und heidnischem Brauchtum, als deren Galionsfigur der Osterhase firmiert, nicht so recht in die Zeit zu passen. Hasen sind nervöse Fluchttiere und leiden unter dem Image des umtriebigen Erotomanen. Ihre Funktion als putziges Streichel- und Liebhabetier haben ihnen die Kleinbären erfolgreich streitig gemacht. Was Wunder, dass die Leserbriefspalten in der Passionszeit voller Zuschriften von Osterhasen sind, die über Erschöpfung und Leistungsdruck klagen.



   Unsere Wissenschaftsredaktion hat sich natürlich des Themas angenommen und in ihrer Versuchsküche einige Osterhasen gezüchtet, die psychisch stabil sind und den Kriterien der Globalisierung entsprechen (siehe Bild). Sie werden bis zu drei Meter gross, sprechen Chinesisch und können, ausgestattet mit atmungsaktiver Kleidung und Trekkingrucksäcken, bis zu 500 Haushalte pro Tag bedienen. DIe von ihnen generierten Eier allerdings hatten einen zu hohen Wasser- und Schwefelanteil. Und das obwohl sich die Probanden bei der Produktion die grösste Mühe gaben, ihre Lippen zusammenpressten, während sich in ihren Gesichtern äusserster Schmerz mit völliger Körperkontrolle vereinten. Aggregatzustände, die an die Gesichter jener Börsenmakler erinnerten, die in dieser Woche beim Versuch, goldene Eier zu legen, nur faulige Zusammenballungen von Lüge und Verdrängung zuuwege brachten. Es nutzte auch nicht, dass viele Banker das sogenannte Dreihasenbild (das sich laut Lexikon auf den frühesten uns bekannten Ostereiern befindet), also drei Hasen mit jeweils einem Ohr als Symbol der Dreieinigkeit von Gier, Angst und Neid, an ihre Computerterminals kleben.

   Wenn Sie, liebe Leser, unseren Ausführungen bis hierher gefolgt sind und diese Zeilen nicht vor Wut zusammengeknüllt haben, sind Sie achon auf die Österliche Grundstimmung eingeschwenkt.
 

 

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