Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (15. Juni 2008)
 

   Für die differenzierteste Diskussion in dieser Woche sorgten die Pläne für den einheitlichen Einbürgerungstest für alle integrationswilligen Ausländer (siehe Bild), der ab Herbst in jedem Callshop und in unserer Reiseredaktion auslegen wird. Endlich! Noch nie war Deutschwerden so einfach! Und würdevoll. Die parteiübergreifende Zustimmung ist überwältigend. Exclusiv für alle migrationshintergründigen Leser hat das Entwicklungshilfeministerium schon mal einige Multiple-Choice-Fragen geschickt. Zum Üben. Und am Ende wartet die Auflösung.



   Sie erblicken auf der anderen Strassenseite eine junge Blondine mit aufreizend langen Beinen. Was tun Sie?
a) Ich pfeife laut, schmatze obszön, renne rüber zum Bunny, reisse mein Hemd auf, kraule mein üppiges Brusthaar und tanze einen Sirtaki.
b) Nichts.
c) Ich frage sie, ob sie mit mir bei einem Gläschen Bionade über meine narzisstische Störung sprechen will.

   Nachts an der fast menschenleeren S-Bahn-Haltestelle. Ein deutscher Rentner wurde gerade von einer Gruppe dunkelhaariger Jugendlicher verprügelt und kommt stark blutend auf Sie zugewankt. Wie reagieren Sie?
a) Ich schreie: "He du, Alta, produzier' misch net, isch bin Hasan!" und schlage anschliessend kräftig zu.
b) Ich leiste Erste Hilfe, tröste den Mann und rufe die Polizei.
c) Ich renne sofort nach Hause und schreibe einen anklagenden Leitartikel über die fehlende Zivilcourage in unserem Land.

   Welche Lektüre liegt zurzeit auf Ihrem Nachtschränkchen?
a) Hürriyet. Lottozettel. Kündigung.
b) Joseph Conrad. Pierre Bourdieus "Die feinen Unterschiede". Goethes West-östlicher Divan. Das Grundgesetz.
c) Das Dossier der "Zeit". Das Alnatura-Blättchen. Der neue Manufactum-Katalog. Das Protokoll der letzten Eigentümerversammlung.

   Wie viele Bundesländer kennen Sie?
a) Die hassen dich, die respektieren dich nicht, das spür' ich, da ist eine unsichtbare Wand, da kannst du nix machen. Wirst nie einer von denen. Die dulden dich nur. Respekt wünsch ich mir. Respekt.
b) Sechzehn.
c) Die südliche Toskana. Die Provence zur Lavendelblüte. Der Prenzlauer Berg.

   Menschen wie Cem Özdemir, Xavier Naidoo oder Mario Gomez: Wofür stehen sie?
a) Sind das nicht diese drei brutalen Türsteher vor der Melody-Bar in der Bahnhofstrasse?
b) Für geglückte Integrationsbiografien.
c) Ich glaub', einer von den Jungs war beim Geburtstag unseres kleinen Maximilian. Wir sind nicht so.

   Was werden Sie tun, wenn Sie endlich den deutschen Pass in den Händen halten?
a) Ich versteigere ihn auf Ebay und melde Ihn als gestohlen.
b) Ich freue mich auf die kommenden Bundestagswahlen.
c) Ich packe meine Kinder und ziehe in ein ausländerfreies Viertel.

   Wenn Sie überwiegend a) angekreuzt haben, entsprechen Sie dem gängigen CSU-Bild eines formbaren, integrationswilligen Ausländers. Haben Sie Geduld, mit der deutschen Staatsangehörigkeit wird das zwar nichts, aber Sie können sich ja um eine Greencard für Afghanistan bewerben. Wenn Sie allerdings die Antwort-Typ B sind, dann müssen wir Ihnen die Aufenhaltsgenehmigung entziehen. Sie hängen dem weit verbreiteten Irrglauben an, Bildung sei ein Aufstiegspfad in die höheren Gefilde unserer Gesellschaft. So viel Dummheit lässt sich nicht integrieren. Und Typ C? Herzlich willkommen, Sie alte Heuchelnase, Sie schielen links, denken rechts und fahren immer in der Mitte. So etwas brauchen wir, gerade jetzt, wo doch unsere Mittelschicht immer dünner wird. Ab sofort sind Sie staatlich geprüfter Mitdeutscher.
 

 

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