Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (29. Juni 2008)
 

Ohne Strom

   Wenn Sie Abonnent einer Zeitung sind, dann werden Sie das Kleingedruckte in Ihrem Vertrag kennen. Falls nicht, helfe ich Ihnen auf die Sprünge: In dem Kleingedruckten steht, dass weder Kriege, Seuchen, Hungersnöte noch Sintfluten das Erscheinen dieses Print-Produktes verhindern können.

   Das Thema Erscheinungssicherheit fängt bei uns bereits bei der personellen Software an: Für jeden Zeituungsausträger stehen für den Notfall 26 Ersatzausträger bereit. Unsere Drucker haben eine Ausbildung bei der NASA gemacht und sind Träger des schwarzen Gürtels. Zu Presseterminen reisen stets fünf Redakteure getrennt mit gepanzerten Limousinen an, die aus unterschiedlichen Richtungen kommen. In der Kantine wird an Mitglieder eines Ressorts nie das selbe Essen ausgegeben.

   Unser Druck- und Verlagshaus wurde tsunamisicher auf der Filderebene gebaut. Selbst Erdbeben oder Meteoriteneinschläge können uns nicht aus der Ruhe bringen: Wir unterhalten weltweit ein Dutzend identischer Druckhäuser, die wir bei Versagen unseres Stammhauses hochfahren könnten. Fiele in Wien der Strom aus, von wo wir überhaupt keinen Strom beziehen, schalten unsere Verteiler automatisch auf Basel um. Bricht in ganz Europa die Stromversorgung zusammen, beziehen wir Öko-Strom von den Philippinen. Und für den Fall, dass weltweit der Strom ausfällt, halten wir ein paar gut gedopte ehemalige Tour-de-France-Sieger, die sofort in die Pedale treten können.

   Sie sehen, liebe Leser, es müsste schon ein Weltuntergang kommen, um das Erscheinen dieser Zeitung zu verhindern. Und in dem Fall spränge unser Druckhaus auf dem Mond ein.

   Nur bei dieser Kolumne arbeiten wir ohne Netz und doppelten Boden. Die wird jede Woche von ein und derselben Lusche reingehämmert. Und falls die Lusche im Urlaub ist, kommt eine andere Lusche, die sich mental ebenfalls im luftleeren Raum bewegt. Wenn der Lusche mal garnichts einfällt, schreibt sie über Stromausfälle.
 

 

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