Kürzlich richteten sich
alle Blicke auf die eisigen Höhen der alpinen Bergwelt, auf
die dort umherkletternden Extremsportler und die von ihnen ausgelösten
Tragödien und Lawinen. In den Hintergrund gerät da jene alpinistische
Disziplin, die wie keine andere ein Übermass an Leidenschaft,
Gefahr und Selbstüberwindung bereithält: Das alpine Extremvespern,
bei dem in bewirtschafteten Berghütten sämtliche angebotenen
Speisen und Getränke inkorporiert werden müssen. Nur wenige
haben sich in die eisigen Höhen der 9000-Kalorien-Gipfel gewagt.
Einer von ihnen ist Albin Kreuzkofler.
Sein
aberwitziger Plan: Als erster Mensch 14 Hütten durchzuessen,
deren Speisekarten nie weniger als 24 000 Kalorien aufweisen.
Vor Nachahmung sei hier ausdrücklich gewarnt. Wer nähmlich glaubt,
er könne in Badelatschen in irgendeine Hütte einsteigen und
sich durch die Karte fressen, spielt mit seinem Leben. Gerade
die vermeintlich leichten Hütten gelten unter Extremvespern
als tückisch. Ihre Speisekarten enthalten Vegetarisches oder
leichte Biokost. Wer sich zu einer schnellen Gangart verleiten
lässt, muss bitter büssen. Völlegefühl, Schwindel und Orientierungslosigkeit
bis zum körperlichen Zusammenbruch drohen.
Doch
Kreuzkofler kommt gut voran. Auch nach den ersten acht Hütten
und mehreren Tirolerknödeln mit Suppe und Sauerkraut (siehe
Bild) behält er den Rhythmus. Hier liessen frühere Expeditionen
oft abreissen. Zu übermächtig schienen die Barrikaden aus Fleisch
und eingedickten Sossen. Kreuzkofler meistert diese mit dem
Schwierigkeitsgrad 7 plus ausgezeichnete Prüfung und arbeitet
sich durch eine schwierige Traverse aus Hüttengröstl mit Salat
und Spiegelei, Röstkartoffeln mit Speck im Almpfandl, gegrilltem
Schweinefleisch mit Zwiebeln, Champignons und gratinierten Spätzle.
Aber dann lassen ihn heftige Darmwinde und eine unvorhergesehene
Enzian-Unverträglichkeit erschöpft innehalten. Wieder ist es
die berüchtigte Almpfandl! Sie hat viele Tragödien gesehen,
liegt doch ihr Fettgehalt über dem eines Kuheuters.

Doch
ein Zurück gibt es nicht, denn in der Ferne glitzert der Gipfel:
Ein aus sechs Kilo geschichteter Kaiserschmarrn, der Nanga Parbat
unter den Süssspeisen.
Warum diese
Quälerei? Kreuzkofler: "Wir können nur wachsen, wenn wir
uns unseren Ängsten stellen - Leistungsfressen ist ein Metapher
dafür." Mit diesen Worten greift er an der Todesverschneidung
in der Gneisslhütte an, deren Speisekarte bisher als kaum lösbare
alpinistische Prüfung galt. Ein Pfeiler aus mehreren Kilo Bauernsalat
mit Putenstreifen stellt sich in den Weg; gefolgt von den berüchtigten
Kaspressknödeln mit Suppe. Zuletzt wurde hier eine polnische
Expedition auf dem Weg zur Toilette in einen Topfenstrudel gerissen.
Von den Sportlern fehlt bis heute jede Spur.
Kreuzkofler
schlägt einige Sicherheitshaken in einen Vanilleeiskloss im
Kürbismantel. Nacheinander räumt er Ötztaler Blunzn, Bauernkrapfen,
original Niederhüttennnudeln, eine schwer zu gehende Gamper-Hauswurst
mit Sauerkraut, Senf und Brot aus dem Weg. Es warten noch: Das
sogenannte Chimborazo Menü mit 6310 Kalorien, der Pico Orizaba
mit viel Sahne (5700 Kalorien) und ein Steirischer Rindfleischsalat
mit Zwiebelringen, Essiggurkerln, Pfefferoni, Tomaten, Ei und
dem beliebten "Arlberg-Spitz"-Brot (8013 Kalorien).
Als
die Sonne untergeht, hat sich der Alpinist in die Kaiserschmarrn
hineingewühlt. Seine Gesichtszüge sind käsig, der Cholesterinspiegel
liegt im nicht mehr messbaren Bereich. Doch Kreuzkofler will
jetzt den totalen Triumph und erkundigt sich nach der Tagesempfehlung!
An der Basisstation, wo seine Körperfettwerte per GPS überwacht
werden, hät man den Atem an. Vor dem Extremvesperer bauen sich
auf: Gegrillte Schweinsripperl mit Knoblauchbrot und ein kompletter
Dachstein vom Rind an einem Gesäuse aus Schweinesülze. Dann
folgt die Grosse Bischoffsmütze aus Crème Brulée, angerichtet
auf einem Sauerkirsch-Grand-Marnier-Spiegel.
Als
die Sonne untergeht, kriecht Kreuzkofler in sein Notbiwak, ein
Grossraumzelt, das er voll ausfüllt. Jetzt kann bereits ein
fettreduzierter Joghurt das Fas zum Überlaufen bringen. Wird
er die Nacht überstehen? Wir berichten weiter. |