Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (28. September 2008)
 
Lobet den Wohlstand

 

   Vom ADAC kam diese Woche eine Nachricht, bei der ich zuerst nicht sicher war, was sie uns sagen will. Inzwischen bin ich überzeugt davon, dass es eine frohe Botschaft war. In den Sommerferien, so die Wächter über Asphaltbänder und innerstädtische Stauräume, habe es auf den Autobahnen ein Gedränge gegeben, wie seit sechs Jahren nicht mehr. Würde man nur die grossen Staus summieren, man käme auf 14 025 Kilometer. Die Staus nahmen solche Ausmasse an, dass sich die Kultusminister der Länder zusammensetzten uund darüner nachdenken wollen, ob man die Schulferien nicht der Länge der Staus anpassen soll.

   Es sei noch gar nicht klar, so der ADAC weiter, ob überhaupt schon alle aus den Ferien heimgekommen seien oder manche noch im Stau steckten. Die Verkehrssoziologie spricht inzwischen, in Anlehnung an den Begriff Kriegsheimkehrer, von Stauheimkehrern.

   Wir kommen nun zum politischen Teil dieser Kolumne. Ich möchte die Gelegenheit nutzen und an dieser Stelle das Ende des Wohlfahrtsstaates ausrufen. Was wir jetzt brauchen, ist ein klares Bekenntnis zum Wohlstand. Es ist kein Zufall, dass im Wort Wohlstand der Stau gewissermassen schon drinsteckt. Nun sehen wir auch, wie unsinnig es war, dass der ADAC über Jahrzehnte hinweg immer mehr Strassen gefordert hat. Er hätte sich für mehr Wohlstandsspuren einsetzen müssen, das hätten die Menschen draussen im Stau verstanden.

   Die Zeit ist reif, meine Damen und Herren, für eine differenzierte Feinstaubdebatte. Es müssen nicht immer 15, 20 Kilometer sein. Nein, freuen wir uns auch über kleine Stockungen. Dabei sein ist alles. Aber mein Appell gilt auch der Automobilindustrie: Was nützt es, wenn der Verbraucher weiss, was ein Neuwagen auf 100 Kilometer schluckt? Er will wissen, wie lang er mit einer Tankfüllung im Stau stehen kann.

   Gerade wir älteren Verkehrsteilnehmer sind doch froh, wenn überhaupt noch was steht. Lernen wir den Stau zu lieben. Dann liebt er auch uns. Und lässt uns nimmer los.
 

 

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