Endlich. Der Aufschwung
ist wieder da! Es geht aufwärts - für alle ausgewiesenen Konjunkturspezialisten,
Wirtschaftsexperten, Börsengladiatoren und Hofastrologen der
einschlägigen Wirtschaftsinstitute. Je oller die Prognosen,
desto doller.
Ein gigantisches Zelt
unweit des Reichstags, Anfang der Woche. Dezemberwind fegt durch
die verängstigte Republik, doch drinnen, unter den Planen, ist
es kuschelig warm. Es riecht nach Zigarren und Chanels Égoiste.
Auf den Rängen haben sich schon prominente Banker und Bosse
mit krossen Krisenkipferln und kalorienhaltigen Konjunkturfresspaketen
versorgt. Sie rülpsen und tuscheln unentwegt unter ihren kleinen
Rettungsschirmchen, schubsen dabei verschreckte Hinterbänkler
der grossen Koalition herum. Irgendwo sitzt auch die Kanzlerin.
Gaukler
und Finanzgurus jonglieren schon seit dem frühen Morgen mit
allerlei miesen Porzentzahlen und blutjungen Börsenanalystinnenvon
CNN, n-tv und 9Live. Immer tiefer, immer weiter fliegen sie,
sie kreischen, dass es eine Wonne ist. Derweil zersägt ein keynesianischer
Magier mit freigebigen Pranken und hypnotischem Blick den völlig
entblössten Hans-Werner Sinn in zwei Teile und erkennt in seinen
Innereien wider Erwarten etwas Tiefrotes, etwas glibberig
Menschelndes - und stellt die Konjunkturschrumpfprognose
für diesen Tag: "Minus 2,2 Prozent!" Trampeln auf
den Rängen.
Im Käfig nebenan buhlt
der dynamische Wirtschaftsweise Peter Bofinger um Aufmerksamkeit.
Er steckt seinen antizyklisch wackelnden Kopf in den weit
aufgerissenen, triefenden Rachen einer Deflationsbestie.
Tolle Nummer! Was er dort allerdings genau gesehen hat, werden
wir nie erfahren, denn gerade als man ihn noch Unverständliches
hecheln hörte wie "... axiomatische Fundierung der Mittelwert-Varianz-Anal..."
schnappte die Liquiditätsfalle zu. Das Schmatzen wird von Mikrofonen
verstärkt, das Publikum will Zugaben, doch für einige FDP-Abgeordnete
ist das zu heftig. Sie halten sich "Handelsblatt"-Ausgaben
vor die Augen.

Noch
mehr Zuspruch erntet Bofingers attraktive Kollegin di Mauro
(siehe Bild), die hartbesaitete Anne-Sophie Mutter unserer
Fiskalpolitik: Um die Dauer der Rezession in Deutschland
zu prophezeien, bittet sie einen grienenden Landesbankchef mit
Lorbeerkranz im Haar, er möge ihr einen löchrigen Kniesparstrumpf
in die Manege werfen. Den stülpt sie sich über ihren Rechnerkopf,
inhaliert tief ein, schnüffelt und stöhnt: "Aahh, Rezession
bis mindestens 2010."
Die gramgebeugte
Kanzlerin hat genug. Sie wankt ins Büro, wo riesige Schleifen
auf sie warten und das nächste Paket für die Konjunktur. Die
Prognosen sind eindeutig. Fundiert. Wie immer. Die Auguren sind
ihr Geld wert. Was wären wir und die Kanzlerin nur ohne sie? |