Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (25. Januar 2009)
 

   Ernst-Einar. Sie erinnern sich. Das war dieser patschfüssige, sehr menschliche, leider auch ziemlich egozentrische Paten-Ameisenbär, den wir in der Redaktion über Monate mit einfühlsamen Reportagen begleitet haben. Als dieser irre süsse Puschel schliesslich grösser wurde, wanderte er aus. Ernst-Einars Weg führte von Stuttgart nach England, wo ein Zoo auf der Isle of Wight sein neues Zuhause wurde. Viele von Ihnen waren sehr traurig darüber, schickten uns anrührende Leserbriefe. Auch wir mussten damals des Öfteren ausgiebig weinen.

   Was Sie aber nicht wussten, geneigte Leser: Die Geschichte über die angebliche Auswanderung unseres Patenbärchens (siehe Bild) war komplett erlogen! Wahr ist, dass wir unseren Ernst-Einar für eine supersaftige Abwrackprämie an eine Cevapcici-Bude ("Bei Slobo") hinter dem Pressehaus verhökert haben. Der Gammelfleischkonsum war damals eingebrochen, der Staat zahlte gut. Und das Vieh war einfach alt und struppig geworden.



   Natürlich war das jetzt verdammt hart für Sie. Die nackte Wahrheit. So hinterher. Andererseits geben wir ja alles zu. Öffentlich. Sie klagen. Wir zumwinkeln. Bekennen freimütig: Es war der grösste Fehler unseres Lebens. Alles andere ist uns schnurz. Das Recht ist elastisch wie ein rhythmisch tänzelnder Rüssel im Termitenbau. Advokaten-Rap. Juristischer Wrack'n'Roll.

 

   Und auch wenn die moralilsch-pekuniäre Abwrackprämie eine traditionsschwere deutsche Balkanspezialität ist, riecht etwas faul im Staate. Die "Bild"-Zeitung meldete dieser Tage, die Leute kauften wie blöd Autos. Tabula rasa für 2500 Euro! Mein Gott. Ölige Autos und Manager kann man doch nicht wie olle Ameisenbären abservieren.

   Da hilft auch kein Deal. Schon immer hat der Staat das Neue gegen das Alte ausgespielt. Wer Bewährtes abschiebt, abreisst, hintergeht, wird hierzulande stets fürstlich belohnt. Ausgelutschte Bankentöchter und Politikerehefrauen können davon ein Lied singen. Die Hessen-CDU, Stuttgart 21, Ingrid van Bergen - alles funkelt schon jetzt auf dem Schrottplatz der Geschichte. Wer im Dschungel-Camp namens Deutschland nur ordentlich was kaputthaut, kassiert am Ende die Prämie.

   Übrigens sind wir mit unserem brandneuen Ameisenbären gar nicht zufrieden. Auf den ersten Blick schien er ein Sympath zu sein, ein netter Kerl. Doch man kann ihm nicht trauen. Misslaunig schnüffelt er in der Redaktion, bespitzelt uns mit seinen Schlitzaugen, wie hilflose Bürotermiten. Diabolisch. Deswegen unser Angebot: Der erste, der seine neun Jahre alte Schleuder rückwärts in Slobos Grillstube bugsiert ohne Ajvar zu verspritzen, bekommt von uns als Abwrackprämie einen Ameisenbären. Versprochen.
 

 

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