Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (01. Februar 2009)
 
Karriere vergeigt

   Seit 34 Jahren verweigere ich mich dem Cello. Nicht dass ich davor Cello gespielt hätte. Aber seit 34 Jahren tue ich es ganz bewusst nicht. 34 Jahre, liebe Leser, sind eine verdammt lange Zeit. Vermutlich hätten 34 Jahre gereicht, um es zu einer Meisterschaft auf dem Instrument zu bringen. Es ist gut möglich, dass ich inzwischen ein leuchtender Stern am Cello-Himmel wäre, ein Gigastar unter den weltweit operierenden Cellisten. Aber nun ist es zu spät. Jetzt ist mir klar, dass ich eine Cellistenkarriere bereits im Ansatz vergeigt habe.

   34 Jahre ist es her, dass die britische Alzheimer-Expertin Elaine Murphy und ihr Ehemann John, der Chef einer Brauerei, die Mär von den Cello-Hoden in die Welt gesetzt haben. Cello spielen, behauptete das Paar im Mai des Jahres 1974 in einem Brief an das "British Medical Journal", könne Schmerzen im Hodenbereich verursachen. Ich fürchte, nicht nur mich hat diese Nachricht damals tief getroffen und vom Erlernen des Instruments abgehalten. Ich bin in der Cello-Szene nicht sonderlich bewandert. Aber falls es in dem Bereich Nachwuchsprobleme gibt, dann wissen wir warum. Wegen eines Scherzes. Einer üblen, hodenlosen Frechheit.

   Sie hätten die Geschichte von den Cello-Hoden nur deshalb erfunden, gaben die Murphys nun zu, weil sie zuvor in besagten Heft einen unglaublichen Bericht über Gitarren-Nippel gelesen hätten. Das Leiden sollen sich drei Mädchen durch die Reibung des Instruments an einer Brustwarze zugezogen haben. Ich kann nur hoffen, dass wenigstens der Gitarren-Nippel einen wahren Kern hat. Denn auch Gitarre habe ich wegen potenzieller Spätfolgen nie gelernt. Ganz zu schweigen vom vorzeitigen Abbruch einer Holzblasinstrumentenkarriere (Blockflötenständer!).

   Dumm nur, dass mich kein Mensch vor den medizinischen Spätfolgen von Schreibmaschinenschreiben mit zwei Fingern gewarnt hat. Das ist der Grund, weshalb mir bei der Arbeit das Lachen längst vergangen ist.

 

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