Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (26. April 2009)
 

   Als Trümmerfrauen werden jene tapferen Frauen bezeichnet, die nach dem Zweiten Weltkrieg die deutschen Städte von den Trümmern der zerbombten Gebäude befreiten. Sie schufen damit die Grundvoraussetzung für den Fortbestand der Innenstädte, welche nach den alliierten Luftangriffen Luftangriffen ein Bild des Schreckens boten. Jede Einzelne von ihnen, die mit blossen, schundrigen Händen den Schutt der geistig-moralischen Zerrüttung eines ganzen Volkes wegräumten, legte auch das Fundament frei für eine neue demokratische Behausung Deutschlands. Viele dieser Damen verschlossen ihren Schmerz in ihren Herzen, litten als Witwen und Mütter. Doch nach aussen arrangierten sie sich lächelnd mit dem Leben und den oft dunkelhäutigen, charmanten Besatzern, die in Ruinen Konserven, Kaugummis und ungeahnte Zärtlichkeiten feilboten. Manch eine vergass darüber, wie es zu Stalingrad überhaupt kommen konnte, verdrängte für ein Paar Nylons das unangenehme Gefühl nackter Stoppelbeine.

   Vergangenheit? Deutschland liegt erneut in Trümmern. Das Land gleicht wie seinzeits einem geistig-moralischen Schrottplatz. Überall türmen sich nach den ersten kapitalistischen Luftangriffen liegengebliebene PS-Panzer, ausgebrannte Managerschädel, toxische Papierleichen, nach Verwesung stinkende Schuldenberge. Altlinke Plünderer und euphorische "TAZ"-Abonnenten ziehen durch die Städte und tauschen auf den Schwarzmärkten mit toskanischem Rotwein (8,90 Euro) befleckte Herbert-Marcuse-Ausgaben (Edition Sturkamp, viel günstiger bei Amazon) gegen Einladungskarten zu Jürgen Habermas' 700. Geburtstag (Partyzelt hinter dem Alnatura im Frankfurter Westend, bitte Ökonudelsalat mitbringen!). Die Heimatfront bröckelt.

   Und dennoch: Nun, da die verblendete Herrenrasse wieder einmal jämmerlich versagt hat und ungeachtet der apokalyptischen Zustände weiterhin ein Autobahngrossreich herbeifantasiert, in denen gestählte BWL-Burschenschaften und Porschelöcher in infernalisch kreischenden Achtzylinder-Raketen und V3-Mehrkammerkanonenantrieben (entwickelt in der Heeresversuchanstalt Zuffenhausen) zum Endsieg blasen, gibt es nur eine einzige Hoffnung: Heidi.



   Heidi (siehe Bild), das ist das moderne Gretchen, die unzerstörbare Grethe Weiser des 21. Jahrhunderts, unsere Trümmerfrau nach dem aktuellen Sündenfall. Heidi ist anders als die anderen Langweilerinnen, die uns retten wollen, aber nicht können: Angela Merkel (ehemals CDU), Anrea Nahles (neuerdings FDP) oder Peter Sloterdijk (ZKM und LSD). Nicht so Heidi: Diese Lächlerin denkt nicht nach und packt gleichzeitig an. Sie schuftet täglich wie ein Radhamster - eine der herausragendsten leider vergessenen deutschen Tugenden. Vor brutal aussehenden schwarzen Kriegern und ferkeligen Fotografen hat sie keinerlei Angst, im Gegenteil. Mit anderen willigen Krisenmodels und Ruinenschlampen räumt sie unsere Hirne schuttfrei und hinterlässt eine befreiende Leere, ein falschblondes Vergessen. Sie gebärt Kinder, auch wenn sie nicht weiss, warum und von wem. Und die Figur stimmt trotzdem. Darüber lachen viele, die es nicht besser wissen. Doch Heidi ist vielleicht der weibliche Panamera, den wir heute so dringend nötig haben. Wieder einmal. Packen wirs an.
 

 

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