Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (10. Mail 2009)
 

   Welch ein Ereignis! In Pjöngjang hat die erste Pizzaeria eröffnet (siehe Bild). Staatschef Kim Jong Il habe persönlich beschlossen, den Nordkoreanern den "Zugang zu den berühmten Gerichten dieser Erde zu erlauben", hiess es. Unsere Redaktion erreichten kurz darauf Berichte über die Einweihung, zu der sich Staatsgäste aus aller Welt eingefunden hatten. Kims Köche liessen es sich nicht nehmen, jedem eine spezielle Kreation zu servieren. Zwar gab es einige Missverständnisse, weil die Pizza Roma, die Silvio Berlusconi serviert wurde, nur sechs Hügel aus Mozzarella hatte. Vom Cavaliere darauf hingewiesen, beging der Koch umgehend Selbstmord.

   Sarkozy ass seine Pizza Bruni binnen zwölf Sekunden und rettete währenddessen noch drei französische Unternehmen. Die Pizza Berlin für Kanzlerin Angela Merkel fusste auf den Bauplänen von Albert Speer und wurde rasch beiseite geräumt.



   Unserer Gourmetredaktion wurde jetzt auch die Speisekarte des Lokals zugespielt: Die Pizza "Grosser agrotechnischer Sprung nach vorn" prunkt mit einer Skulptur aus Jadeteig, der bei leichter Berührung platzt und einige klein gewachsene Reisbauern entlässt, die auf dem Teller Artistik in der Tradition des nordkoreanischen Staatszirkus aufführen, bevor sie mit Reiswein übergossen und gegessen werden. Die Kreation "Der grosse Führer ist immer sicher im Schoss des Volkes" ist dreistöckig angelegt und unter anderem mit Bunkern und Selbstschussanlagen ausgestattet.

   Ferner auf der Liste: "Kim zerschmettert seine Feinde". Auf dieser Pizza sind die Konturen des geteilten Landes eingezeichnet, Broccoliröschen in Form von Atompilzen symbolisieren den Untergang Südkoreas. "Der glückliche Kosmonaut kehrt aus dem All zurück": Eine Rakete aus Klebereis wird entzündet und fliegt den Anwesenden direkt ins Maul. Dort hinterlässt sie einen Nachgeschmack von Pech und Schwefel. Ein echter Publikumsrenner dürfte die Pizza "Vier Reisernten" werden: Auf Reispapier werden vier Reiskörner platziert und in Scheiben geschnitten. Das Ensemble deckt den Kalorienbedarf einer nordkoreanischen Kleinfamilie bis ins hohe Alter. Auf der Pizza Familiale (45 Zentimeter) gruppiert sich ein halbes Dutzend Kinder aus den besten Familien Pjöngjangs, die beim Servieren die Nationalhymne singen. Wer will, kann sich ein, zwei einpacken lassen.

   "Die eiserne Hand des Sozialismus" ist durch Zugabe von Curry, Nitrat und Schiesspulver so scharf, dass beim Ausatmen in Richtung Südkorea ein Landstrich von bis zu vier Quadratkilometern verwüstet werden kann. Der Genuss wird vor dem UN-Sicherheitsrat verhandelt. Die Weinkarte testen wir in der nächsten Ausgabe.
 

 

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