Die Dinge der Woche (10. Mai 2009)
 
Für wen scherzest du?

   Nicht selten wird man als Schreiber einer Spass-Kolumne gefragt: "Du, Schreiber einer Spass-Kolumne, was ich schon immer wissen wollte: Für wen scherzest du eigentlich?" - "Nun", sagt der Schreiber einer Spass-Kolumne und legt seine Stirn in Falten, als müsse er erst noch überlege (dabei hat er die Antwort längst parat). "Als Schreiber einer Spass-Kolumne scherze ich für alle, für den einfachen Konzernchef genauso wie für den studierten Handwerksburschen, für den Lotto-Millionär auf dem Hallschlag eebenso wie für den Hartz-IV-Empfänger auf den Malediven. Ich scherze für alle Menschenkinder, ganz gleich welchem Glauben sie anhängen, welches Parteibuch sie anbeten, welche Hautfarbe sie haben, welchen Wagen sie fahren. Ich bremse auch für Tiere. Aber das ist ein anderes Thema."

   Nach einer kleinen Kunstpause fährt der Schreiber einer Spass-Kolumne fort: "Wenn ich ganz ehrlich bin, scherze ich für die Guten und die Bösen. Ich scherze auch für für den schlecht gelaunten Neonazi und für den miesepetrigen Öko-Faschisten. Ja, ich scherze selbst für den durchgeknallten Islamisten, auf dass sein Sprengstoffgürtel bebt und es ihn vor Lachen gleich verreisst. Denn eines, lieber Fragesteller, musst du wissen: Vor dem lieben Gott und dem Schreiber einer Spass-Kolumne sind alle Menschen gleich."

   Spätestens an dieser Stelle meldet sich der Fragesteller abermals zu Wort: "Aber jetzt mal ganz im Vertrauen, lieber Schreiber einer Spass-Kolumne, gibt es nicht eine Bevölkerungsgruppe, einen Menschenschlag, für den du ganz besonders gern scherzest?" - "Für wahr", antwortet der Schreiber einer Scherz-Kolumne, "den gibt es wohl. Es sind die Menschen, die dafür Sorge tragen, dass meine Kinder ein Internat in England besuchen können und ich die nächste Inspektion für meine neue E-Klasse bezahlen kann. Ich scherze besonders gern für für meine Abonnentinnen und Abonnenten."

   Und als er das sagt, schiebt der Schreiber einer Spass-Kolumne dem Frager ein Formular für ein Zeitungsabo zu. Er tut es ganz dezent.