Wen Journalisten schon alles
lebendig unter die Erde gebracht haben, das wäre ein Extra-Kapitel
in Dantes Inferno wert. Vor kurzem blinkten abends die "Breaking
News" vom Tod eines Promis über das Laufband eines Nachrichtensenders.
Ein sympathischer, kluger und gut aussehender Mann. "O
nein", seufzten die Frauen in unserer Nachrichtenzentrale.
"Bitte nicht der." "O nein", seufzte ich
leise." Von Berufs wegen bin ich bigott. Ich will die Toten
mit vielen Worten würdigen, aber bitte zu einer meinem Biorhythmus
angenehmen Tageszeit.
Da niemand gerne
vom eigenen Tod erfährt, wenn er noch nicht gestorben ist, suchte
ich nach der Quelle. Der Nachrichtensender bezog sich auf die
Internetausgabe einer Boulevardzeitung. Dort bezog man sich
in grossen Lettern auf den Nachrichtensender.
Das
erinnerte mich an die Aufführung eines Improvisationstheaters,
in dem sich zwei Schauspieler spontan mit Komplimenten überhäufen
sollten. Sie taten das so gut, dass selbst ich mich geschmeichelt
fühlte. Die gegenseitige Bestätigung ist ein grandioses Prinzip,
es macht Wünsche wahr. Werde ich gelobt, lobe ich deshalb postwendend
zurück; gewinnt ein popeliger Fussballverein einer am Reissbrett
entworfenen Stadt die Meisterschaft, war ich schon immer ihr
Fan. Es gibt sogar ganze Staatengemeinschaften, die sich derart
an die Spitze der Wlet reden. Das funktioniert blendend, solange
keiner intern Einspruch erhebt. Und wenn es einer tut, macht
er es meist nicht mehr lange.
In diesem
Fall hat das Prinzip Bestätigung allerdings versagt. Der Tote
gehört einer Staatengemeinschaft an, die sich anderen Prinzipien
verschrieben hat. Also meldete er sich zu Wort aus dem vermeintlichen
Jenseits, über einen Pressesprecher. Der Nachrichtenkanal hätte
sich jetzt darauf berufen können, das mit der Wiederauferstehung
habe doch schon einmal funktioniert. Stattdessen schwenkt er
in seiner Informationspolitik um. Ja, der Prominente lebe, erntschuldigt
sich der Sender - noch. |