Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (05. Juli 2009)
 

   Der Sommer röhrt, die Politik döst, die Krise schwitzt, der Fussball hat Pause. Zeit für das Leben. Und was passiert? Nix. Ein Besuch im städtischen Freibad wirft ein trauriges Bild auf den Singleismus der Zeit. Schöne Männer liegen weinerlich und einsam auf viel zu kleinen Blanc-Bleu-Strandtüchern und lesen Börsenmagazine oder Romane von Richard Ford. Dazwischen zufällig hingestreute Frauen mit riesigen Sonnenbrillen und betont gelangweilten Gesichtszügen, die nach Abwehr aussehen und das Gegenteil meinen - sagt Mann, der sich aber nicht traut.

   Dabei ist es so einfach, doe Juli-Isolation zu durchbrechen. Was Sie brauchen ist Internet, eine Mailadresse und ein wenig Geduld, dann bekommen Sie vielleicht Post, wie sie jüngst unsere Redaktion "Netz und Strumpf" erreicht hat.

   "Hallo Du, ich armes bulgarisches Mädchen aus Sibiriski bin und Suchte nach einem treuen Mann, dem ich Hertz schenken kann. Ich Vanja heiss, bin 22 Jahrzehnte alt und traurig. Wenn du Mensch guter und ährlich, melde bitte dich."



   Darunter ein Bild von Vanja, die ganz offensichtlich derart arm ist, dass sie in einem öffentlichen Brunnen duschen muss (siehe Bild). Nachdem wir aus 23 Kollegen des Ressorts den passenden für die Recherche ausgekämpft hatten, schrieb der zurück:

   "Hallo Vanja, jaaa, ich stark, gross, Baum und Mann und alles. Ich ehrlich wie ein Schraubenschlüssel und duschen du kannst die nächsten 100 Jahre bei mir. Dich melden bitte. Es grüsst Friedolin."

   Der Kollege hängt noch ein Bild an aus dem Film, in dem Götz George Mario Adorf spielt, und drückte auf Senden. Schon bald kam die Antwort:

   "Lieber Fridolin. Du Träume mann für bist mich. Ährlich. Ich dich gerne besuchen, wenn du mir Adresse schickst und Geld a bissle, weil ich nix kaufen kann Zugkarte und es fehlen noch auch Medikamente für kranke Mutter und ein für mich Kleid, da ich höbsch will sein für dich."

   Das leuchtet ein. Wir sind uns schnell einig. Vanjas Mutter muss geholfen werden. Dass mit dem Kleid für die Kleine - nun ja, der Bikini tät's bei der Hitze sicher auch, aber wir wollen mal nicht so sein. Nicht, dass sie sich auf der tagelangen Zugfahrt erkältet. Wir wollen gerade ein gut vierstelliges Sümmchen auf das Konto der Bank auf den Cayman Islands überweisen, als ein Kollege aus der Redaktion "Rechts und Links" auftritt und uns erklärt, dies sei ein billiger Trick. Danach weinen wir ein wenig und der Kollege schreibt:

   "Hallo Vanja, ich Dir schicken Karte Zug, wenn Du schreibst, wohin. Dazu noch Gemüsebrühe, Nylonstrümpfe, Glasperlen und ein paar Handgranaten. Mehr nicht leider haben. Auch meine Mutter krank, die sich aber freut, von Dir bald gepflegt a bissle. Dein Fridolin."

   Wir haben nie wieder etwas gehört. Der Juli bleibt einsam.
 

 

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