Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (13. September 2009)
 

   Die Woche wimmelte von Durchhaltemetaphern: Man sah Talsohlen am Ende des Tunnels, durchschritt den herannahenden Aufschwung, der sich am Horizont aufhellte und schöpfte Hoffnung aus dem Brunnen am Ende der Durststrecke. Nicht alle, die so redeten, waren betrunken. Sie sahen einfach, was andere nicht sahen: Die Krise ist vorbei. Noch gestern würgte sie mit sehnigen Armen alle Länder der Welt, mit Ausnahme von Nordkorea vielleicht. Doch wie ein Lavastrom, der sich vielfach teilt, verlor sich ihre Kraft. Die Menschen planten wieder einen Urlaub am Meer und spielten mit den Schwiegereltern Monopoly.

   Doch ist die Zuversicht wirklich begründet? Unsere Redaktion für Prognose hat ihre alte Wahrsagerkabine verlassen, in der wir bereits das entsetzliche Erdbeben von Bielefeld im 16. Jahrundert vorhersagten, und machte sich daran, die Vorboten des Aufschwungs zu identifizieren.

   Ein erstes Signal für das Ende der Krise ist die Tatsache, dass die Hypo Real Estate wieder einen grossvolumigen Pfandbrief auf den Markt wirft. Mit unserer langstieligen Börsenzange fassten wir das Papier an und stellten aus sicherer Entfernung einen stechenden Geruch nach Fäulnis und Verderben fest. Dennoch: Wer einen luftdichten Keller hat, sollte sich den Kauf überlegen.

   Damit nicht genug: In diesem Jahr konnten Verbraucher weitaus mehr heimische Pflaumen als im Vorjahr kaufen. Gleiches gilt für für Zwetschgen, Mirabellen und Renekloden. Lassen Sie sich aber bei der Bank ihres Vertrauens genau erklären, um was es sich bei diesen Dingern handelt. Bulgarische Renekloden aus dem Internet sind zwar billig, verlieren aber nach kurzer Zeit drei Viertel ihres Ausgabewertes. Qualitäts-Renekloden garantieren dagegen am Ende der Laufzeit das eingezahlte Kapital. Wer den Geschmack nicht mag, stellt sie ungegessen ins Depot. Auch die arbeitslosen Investmentbanker, die mit Einkaufswagen und altem Regenmantel in den Fussgängerzonen herumlungern, schöpfen Hoffnung. Ihre Boni werden seit kurzem nicht mehr bespuckt und zerrissen, sondern in den Tafelläden der Caritas als Zahlungsmittel akzeptiert.


   In den vergangenen Tagen ballten sich die Zuversichtsindikatoren dann regelrecht zusammen: Zunächst meldete Boris Becker eine Schwangerschaft - Bilder des Ex-Profis zeigten tatsächlich einen Bauch, der die Form eines Tennisschläger angenommen hat. Mit seiner Schwangerschaft wollte er ein Zeichen setzen, dass man auch in schwierigen wirtschaftlichen Situationen Kammgarnanzüge mit verstellbarem Bund kaufen kann, sagte Becker, der im Übrigen einen verwirrten Eindruck machte.

   Und schliesslich noch das: Sky Dumont (siehe Bild) hat wieder das Terrain der öffentlichen Wahrnehmung betreten. Sky Dumont gilt als untrüglicher Krisenseismograf: Bei geringsten Schwankungen des Aussenwirtschaftshandels stellen sich eine silbernen Haare nach oben, sein warmes Lächeln wwird eisig, worauf er selbst in einen Krisenschlaf versinkt, der bis zu vier Jahre dauern kann. Wer jetzt aber im Morgengrauen einen Sky Dumont entdeckt, weiss: Das Schlimmste ist vorbei. Dumont gibt eifrig Interviews bei Burda und "Bild" und verbreitet eine frohe, nahezu weihnachtliche Stimmung. Er sollte in keinem Aktiendepot fehlen. Alles in allem ist jetzt klar: Wir sehen endlich Licht am Ende der Talsohle.
 

 

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