Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (20. Dezember 2009)
 
My Traumpflegerin


   
Natürlich sind wir, liebe Leser, alle Geschöpfe Gottes. Jeder von uns ist in seiner Einzigartigkeit einzigartig, und sein Wert ist nicht mit Gold oder Kamelen aufzuwiegen. Ganz anders schaut es mit unseren Fähigkeiten aus. Die lassen sich sehr wohl in bare Münze umrechnen. Wenn eine Putzfrau am Ende des Monats auf ihren Lohnzettel schaut, dann weiss sie, dass ihre Arbeit weniger wert ist als die eines Bankers. Aber stimmt das auch? Verdient jeder das, was er verdient?

   Nein, behaupten britische Ökonomen. Eine Putzfrau trage mit ihrer Arbeit mehr zum Wohlstand bei als ein Banker. Die Tätigkeit von Bankern vernichte unterm Strich Kaptital und sei verzichtbar. Das klingt vernünftig. Ich habe allerdings an der Stelle die Meldung nicht weitergelesen, als Steuerberater an den Pranger gestellt wurden, die nach Berechnungen der Ökonomen Parias der Marktwirtschaft sind. Auf meinen Steuerberater lasse ich schon deshalb nichts kommen, weil der meine Texte nach Steuerschlupflöchern durchsucht. Ausserdem habe ich befürchtet, dass es nun auch noch gegen Zeitungsschreiber geht.

   Ich bin aufgestanden, habe mich auf den Weg zum Klo gemacht, konnte aber nicht hinein, weil eine Putzfrau am Schrubben war. So hätte ich das früher geschrieben. Heute schreibe ich "weil eine Putzfrau damit beschäftigt war, Mehrwert zu schaffen". Dass es dabei zu Wartezeiten kommt, ist normal.

   Also stimmte ich ein Loblied auf Putzfrauen an. Den genauen Text bekomme ich nicht mehr zusammen. Ich weiss nur, dass die Verse reiner als rein waren. Ich besang die Frau in höchsten Tönen. Wenn ich mich recht verstanden habe, ging es in dem Song darum, dass Putzfrauen aufhören sollten, sich mit Begriffen wie Raumpflegerin rein waschen zu wollen. "Putzfrau is not another word for love" hallte es von den Kacheln. "I wish you a good wisch, my Traumpflegerin."

   Als sie fertig geschrubbt hatte, fragte ich die Putzfrau, ob sie wisse, wie meine Aktienpakete derzeit stünden. Sie hat mich nur komisch angeschaut.
 

 

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