Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (03. Januar 2010)
 

   Detonationen, Pulverdampf, zersplitternde Lichter am düsteren Nachthimmel, mettalischer Geschmack und ein seifiges Gefühl im Rachen. Und dann der Magen: Er schwappt hin und her wie ein Tapir in einem Tsunami. Nein, wir sprechen nicht von der CSU-Klausur in Wildbad Kreuth, die ja erst im Januar stattfindet, sondern vom Hinüberrutschen des deutschen Volkes in das Jahr 2010 (siehe Bild). Auch unsere Redaktion feuerte einige Granaten aus ihrem Dienstmörser ab, bevor sie in die Nacht ausschwärmte, um zu reportieren, wie das Land ins neue Jahr taumelte. Keine Persönlichkeit aus Politik und Gesellschaft, die uns nicht Rede und Antwort gestanden hätte.

   Dirk Nebel: Hatte einen ruhigen Jahreswechsel. Habe ein Buch von einem Menschen namens Jean Ziegler gelesen, das mir Ärzte ohne Grenzen oder sonst irgendjemand geschenkt hat. Soll ja so was wie ein Erfolgsautor sein. Toller Thriller: "Alle fünf Sekunden stirbt ein Kind." Spielt in der Schweiz, glaube ich. Wenn das auf Tatsachen beruht, müssen wir in unserem Nachbarland schnell und unbürokratisch Entwicklungshilfe leisten.

   Boris Becker: Gegen Mitternacht hatte ich gerade beim Stanglwirt in Kitz einen vergoldeten Pudding gegessen, da wurde Lilly schon vom Zuschauen schlecht. Diese Gewichtszunahme in der Schwangerschaft ist halt kein Zuckerschlecken. Ich dagegen habe mir meinen Bauch methodisch angefressen - endlich klebt meine Gucci-Sonnenbrille auch nach dem zwölften Champagner sicher auf den Backen. Apropos: Ab wann dürfen Babys eigentlich in der First Class fliegen?

   Freiherr zu Guttenberg: Mit meinem Vater die Neunte auf dem Orchestrion gegeben. Unmittelbar nach dem Schlusschor habe ich mir die Erlaubnis zum Luftschlag erteilt. Unter uns: Der schwedische Akzent meiner sagenhaft blonden Frau ist besonders entzückend, wenn sie einen Schwips hat. Nur an die Frisur darf sie mir nicht, damit das klar ist. Später Live-Schaltung nach Kundus. Tolle Stimmung. Bei Aldi Südsüdsüdost waren alle Sprengstoffgürtel ausverkauft. Jede Kuh trug ihre schönste Burka. Die Menschen dort unten wachsen einem richtig ans Herz. Wenn sie mir nur nicht immer über den Kopf streichen würden.



   Karl Lagerfeld: Mit meinem Schützling Baptiste Giabiconi eine Cola Zero getrunken. Grelle Buntheit und überfliessender Optimismus verstören mich. Bapi wollte unbedingt raus - schrecklich Chichi alles. Als plötzlich eine Rakete durch mich hindurchflog, ohne auf nennenswerten Widerstand zu stossen, war's dann genug. Von zwei Feuervögeln mit azurblauem Bukett liess ich mich nach Hause fliegen.

   Martin Schmitt: Wir haben mit den Österreichern richtig gefeiert, Es gab ein tolles Essen: Ein drei Stunden bei 34 Grad gegarter Broccoli mit einer Sauce aus heissem Wasser und einem Tropfen Sesamöl. War zum Pratzen voll. Danach aber erst mal Hanteltraining mit Fliegengewichten.

   Christine Neubauer: Konnte zur Sivester nicht aus der Sonne Afrikas nach Deutschland kommen, weil ich meinen 34. Film dort unten drehe. Spiele eine Ärztin, deren Mann auf tragische Weise verunglückte (von einer Giraffe zertrampelt, als er bei einer jungen Schwarzen einen unentgeltlichen Notkaiserschnitt durchführen will), die dann seine Praxis übernimmt und mit ihrem Dekolleté Tote zum Leben erweckt. Toll, dass hier in Kenia, oder wo das ist, alle Deutsch sprechen und Vollweiberei erlaubt ist.

   Unbekannter Sicherheitsbeamter am Flughafen Frankfurt: Hier war vielleicht was los! Alle wollten noch ins Ausland, bevor diese Nacktscanner kommen. Man kann sich nicht vorstellen, was die Leute alles in ihren Unterhosen mitschleppen: Bestecksammlungen, Thomas-Bernhard-Gesamtausgaben, Gebrauchtwagen und Putzfrauen ohne Arbeitserlaubnis. Aber wir haben die Dreckskerle ordentlich gefilzt.

   Schliesslich noch Olaf F., ein Autonomer aus Berlin: Wir haben erst eine Runde fett gehartzt und gingen dann gemeinsam zum Bleigiessen über. Das geht so: Man zündet zwei bis drei SUVs an und wartet, bis sie zu einer schmauchenden Masse zusammenschnurzeln. Und siehe da: Ein Protz-Auto verwandelt sich in so was wie einen Regenschirm. Heisst das nicht, man soll Unangenehmlichkeiten vermeiden? Oder krieg ich endlich meine Erwerbsunfähigkeitsrente? Mensch, das wäre ein Ding. Wünsch euch ein Supi-Jahr!
 

 

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