Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (10. Januar 2010)
 

   Liebe Leser, wir müssen an dieser Stelle leider vermelden, dass Sonderkorrespondent Bruno D. Secco seit zwei Tagen am Persischen Golf vermisst wird. Secco sollte für das Ressort "Leib und Magen" unserer Redaktion von der Eröffnung des Burj Chalifa in Dubai berichten, die Redaktion erreichte aber nur ein fragmentarisches Gedächtnisprotokoll unseres Korrespondenten. Da wir nicht abschätzen können, wann Secco wieder auftaucht, hier seine Eindrücke aus dem höchsten Gebäude der Welt:

   "Kochen können sie schon, die Araber. Vor 30 Jahren haben sie hier noch Kamele rumgetrieben und jetzt - alle Wetter! Habe in der Lobby gerade aus der hohlen Hand einer indischen Jungfrau echten Grinwal-Glibber an roten Linsen genascht. Der Kollege neben mir fragte nach Champagner und wird dafür von einem Scheich mit einem Bannfluch belegt. Alkohol gibt es erst, wenn es dunkel ist oder hinter dicken Vorhängen. So geht es eben, wenn man den Volontär schickt. Hätte er mich mal gefragt.

   Die Lifte sind echt der Kracher. Wir jagen in 26 Sekunden in den 55. Stock. Ein französischer Agenturmann erbricht sich in den Nacken einer Dame vom italienischen Staatsfernsehen. Die Liftboys sind knuddelige Kerlchen, denen die Beschleunigung offenbar nichts ausmacht. Sie tragen die gleichen weissen Betttücher wie diese unrasierten Sonnenbrillenfuzzies, die hier überall den Chef spielen. Mein Gott, ist das heiss hier, noch heute Abend reserviere ich ein Zimmer zum Raclette-Contest in Zermatt.

   Habe mich von der Gruppe abgesetzt. Bin im 86. Stock investigativ unterwegs und entdecke ein Aparment von der Grösse Heilbronns. Drin treffe ich einige Kumpels vom CIA. Die Amis testen hier neue Nacktscanner. Das sei billiger als in Washington. Die Jungs arbeiten mit Edelprostituierten aus Sankt Petersburg, wobei noch nicht alles funktioniert. Bei einer Lady platzte beim wiederholten Scannen ein Implantat. Damit nichts rauskommt, wird sie nach Guantanamo verbracht. Ich frage nach einem kalten Bier, aber die Agenten schütteln den Kopf. Die Vorhänge fehlen noch, erklärt mein alter Spezi Dirty Larry, so lange gebe es Kamelmilch oder Ovomaltine. Mir wird ein wenig schlecht.



   Habe nach drei Stunden die Gruppe wiedergefunden. Wir sind jetzt knapp 500 Meter hoch. Zur Feier des Tages springen sogenannte Jubelperser mit Fallschirmen in die Tiefe. Bevor sie ihre Schirme öffnen, bilden sie mit ihren Körpern da Vincis Mona Lisa nach. Ein Grübchen fehlt, der Springer wird als "Kleiner Unfall" ausgebucht. Die Champagner-Kühler seien übrigens aus Baden-Württemberg, was auf Arabisch Ibn Schwalbala heisst. Sie sind aber leer. Es wird immer heisser.

   Hier oben hat eine französische Filmfirma ihr Studio, in dem sie Bergfilme und Industriewerbung drehen. Zur Zeit boomen am Golf Imagefilme. Dabei lassen sie die Chefs in einem Aussenaufzug 126 Stockwerke nach oben gleiten, während sie ihre Botschaft verkünden. Das hat was von Himmelfahrt, sagt der Regisseur. Einmal gab es aber ein Problem, weil ein belgischer Pommeshersteller schon im dritten Stock nicht mehr so richtig wusste, was er noch sagen sollte. Bevor es noch höher geht, tausche ich meine echte Rolex gegen zwei Dosen eiskaltes Heineken, die ein Betttuchträger heimlich verhökert. Ausgeschlafene Kerlchen, diese Emiratis. Macht aber nix, läuft übers Spesenkonto.

   Wir sind jetzt ganz oben, im Verkaufsbüro einer emiratischen Immobilienfirma. Schneeflocken klatschen an die Fenster. So sieht es jedenfalls aus. Scheich Rasmud Bimsalah erklärt aber lächelnd, das seien nur geschredderte Junk-Bonds, die man hier Wind-Deals nennt. Bimsalah hatte kurz zuvor Louis van Gaal (siehe Bild) eine 40-Zimmer-Suite verhökert, in der die Bayern künftig die ganz langen Pässe üben wollen.

   Ich checke kurz onlne die Bonität meiner Redaktions-Kreditkarte. Müsste eigentlich für ein möbiliertes Turmzimmer mit integriertem Service-Inder reichen. Grandiose Aussicht, es gibt sogar eine Minibar und Fenster, die sich öffnen lassen. Man sagt ja, dass hier oben der Wind mit bis zu 180 Sachen pfeift. Aber das kenne ich aus dem Schwarzwald. Lothar hatte mehr drauf. Wow - in der Minibar ist Shampus. Ein Prosit auf das höchste Haus der Welt."

   Hier enden Seccos Aufzeichnungen, die als Anhang zu seiner Rechnung übermittelt wurden. Ein Liftpage will ihn aber kürzlich im 129. Stock auf der Feuerleiter gesehen haben. Wir bleiben dran.
 

 

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