Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (11. April 2010)
 

   Der massgebliche Unterschied zwischen Frankreich und Deutschland ist weder die sattblaue C�te d�Azur noch die wieder treuweiss scheinende Carla Bruni, sondern die rot grinsende Ampel. Bekanntlich leidet der gemeine Gallier unter einer Allergie gegen letztere, weshalb er Verkehrsknoten gerne als mehrspurige Narrenkreisel anlegt - anders als der rechtswinkelige Teutone, welcher seit je vollgeampelte Kreuzungen sch�tzt.

   Diese im Volksmund auch als "Cage aux folles" bekannten Strassenwirbel sind vor allem bei t�lpelhaften Paris-Touristenp�rchen ber�chtigt, die Stossstange an Stossstange oft stundenlang sinnlos um den Arc de Triomphe rasen, in der undurchdringlichen Bouillabaisse des Feierabendverkehrs umherd�mpeln wie schlappe Cro�tons und schliesslich in ihrem Frankreich-Wahn schlimmste Fahrfehler begehen: Sie verloben sich spontan in dieser Stadt der Triebe oder, fataler, beschliessen beim n�chsten Autokauf ein franz�sisches Modell zu bestellen. Die Zulassungszahlen sinken, die Temperaturen steigen: Wahrscheinlich war genau so eine fr�hlingshafte Zirkulationst�rung f�r die bis vor kurzem noch undenkbar scheinenden Liaison von Daimler-Chef Zetsche mit Renault-Diva Carlos Ghosn.

   Solche deutschfranz�sischen Turteleien enden oft tragisch, man denke da an die ber�hmten Duos Ronny Schneider und Alain Delon, Karl May und Pierre Brice oder Florian Silbereisen und Mireille Mathieu. Doch just in Krisenzeiten und Wonnemonaten k�nnen fl�chtige Aff�ren mit dem vermeintlichen Erzfeind ungeahnte Fachkr�fte freisetzen. Hoffnungsfrohe Astrologen und b�rsenfixierte Kleinwagenexperten unken schon, die Synergien w�rden bald Maschinen- und Menschentypen am Produktionsband einsparen.

   Wo gehobelt wird, da fallen Leute, ist guter �rtzlicher Rat teuer. Was wiederum Phillip R�sler, unseren melancholischen Troubadour von der Kassenschlagerfront auf den Plan ruft, der nunmehr talentlose Medizinstudenten mit einem Numerus clausus von �ber 99 Gramm CO�/Kilometer auf die letzten Provinzler jagen will. Die �rmsten. Sie fl�chten wie einst Madame Bovary vor ihrem langweiligen Gatten und Landarzt in die St�dte, auf der aussichtlosen Suche nach Festanstellungen, amour�sen Abenteuern und einer Welt ohne Schlagl�cher, in denen wir, die kleinen Twingos und Smarts unseres realexistierenden Asozialismus, so mir nichts, dir nichts verschwinden k�nnen.



   Der Winter war zweifellos hart, der Asphalt perdu, und das nicht erst jetzt. Schon wegen dieser gesellschaftlichen Untiefen liebte auch Erich Honecker den camembertweichen Sitzkomfort franz�sischer Vehikel. Zum Fuhrpark der DDR-F�hrung geh�rten insgesamt neun Citroen Prestige (siehe Bild). Von den Franzosen lernen heisst also: Schweben, lieben und siegen lernen. "L'amour et la guerre" sang dereinst der Franck Rib�ry des Chansons Charles Aznavour, wobei "guerre" viel charmanter klingt als das deutsche Pedant "Krieg". Das nur als letzten Gedanken, falls man im Verteidigungsministerium wieder mal nach einem Euphemismus guckt. Oder in irgendeiner deutschen Autofirma. Made in Guerremany. Mon Dieu, wie sch�n.
 

 

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