Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (04. Juli 2010)
 

Denk ich an Schland in der Nacht ...


   Glück gehabt. Beinahe hätte hier nämlich etwas anderes stattgefunden als diese Kolumne. Denn der Autor diesere Zeilen (ungepflegter Sozialschmarotzer, Anm. der Redaktion) musste sich in dieser Woche unerwartet einer von der Union anberaumten Nützlichkeitsprüfung für Einwanderer unterziehen, die er dann trotz höchster Konzentration und "totalem Bewustsein" (Oliver Kahn, ZDF-Denksportmaschine) nur knapp bestanden hat. Der am Ende ermittelte IQ war bedenklich niedrig, er war kaum höher als jener von Peter Trapp, dem innenpolitischen Desintegrationsbeauftragten der Berliner CDU, und lag sogar deutlich unter dem Wert einer handelsüblichen echt deutschen Unterhose mit Eingriff und hochintelligenter Mikrofaser aus dem Hause Schiesser.

   Das Multiple-Choice-Verfahren hatte es allerdings auch in sich. Im modrigen Keller des Abgeordneten Trapp (siehe Bild), der als 63-jähriges Wunderkind (blond, Führerschein) immer noch bei seiner Mutter in Spandau lebt, hatten sich panisch dreinblickende Menschen aus aller Herren Länder versammelt. Seit Monaten schon buhlen diese mediokren Gestalten um eine befristete Aufenhaltsgenehmigung und eine echte Perspektive in der überaus attraktiven Top-Boom-Wirtschaftsregionen Deutschlands (nachmittags auf dem Wertstoffhof Spandau, Kassenbereich im Kreuzberger McDonald's). Neben dem erwähnten Lohnschreiber warteten auch ein rumänischer Akkordionspieler, ein Harvard-Absolvent der Wirtschaftswissenschaften sowie ein namensloses Rudel augenscheinlich verwirrter, suizidaler Wahlleute der Regierungskoalition schwitzend auf den Beginn des Tests. Nach dem gemeinsamen Anstimmen des Deutschlandliedes und einer gründlichen Gebissprüfung auf Bitten der Ortskrankenkasse wurden schliesslich die Bogen ausgeteilt.



   Während die 44 Wahlfrauen und -männer mit schwarz-gelb unterlaufenden Augen unfassbare neuneinhalb Stunden über der mörderischen Gemeinschaftskundefrage "Wer ist eigentlich mein Bundespräsident" brüteten (und allesamt durchfielen), begann sich anderswo Widerstand zu regen. Der zarte Einwand des renommierten US-Ökonomen, solche Intelligenztests seien diskriminierend, sinnlos für das Gesunden des Landes und würden nur einem "Nützlichkeitsrassismus" Vorschub leisten, wurde jäh niedergeschrien. Und zwar mit der spontan eingeworfenen Frage nach dem volkswirtschaftlichen Sinn der Mehrwertsteuerermässigung für Hoteliers: a) tolle Übernachtungsgutscheine für FDP-Abgeordnete, b) Willkommensprosecco für alle Ehefrauen und Geliebten von FDP-Abgeordneten, c) für getrocknete Schweineohren gilt doch der selbe Quatsch.

   Niemand wusste die richtige Antwort (a, b und c). Nun droht die Ausweisung. Für die 44 Wahlleute ist ein One-Way-Ticket nach Pjöngjang gebucht. Einzig der Journalist und der Akkordionspieler haben bestanden. Weil sie den Begriff "Wachstumsbeschleunigungsgesetz" durch die Nase tröten konnten, während sie mit einem Dutzend zerknüllter SOnntag-Aktuell-Ausgaben in einer Fussgängerzone jonglierten und dabei die AUfstellung der Weltmeistermannschaft von 1954 heruntermurmelten. Einfach wunderbar. O Schland.
 

 

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