Die Väter dieser
Republik haben allerhand bedacht, als sie unsere Verfassung
zu Papier gebracht haben. Nur um eine Frage haben sie sich gedrückt:
Darf die Frau des Bundespräsidenten ein Tattoo tragen?
Während
des Thema auf dem Boulevard, in führenden Nagelstudios und unter
naturgeilen Politikstudentinnen noch heiss diskutiert wird,
hat die Politik bereits Nadeln mit Köpfen gemacht. Bettina Wulff,
neue First Lady, trägt am rechten Oberarm ein an einen Gummibaum
erinnerndes Tribal. Stünde dort "Christian forever"
oder "Black ist beautiful" spräch3e man von einem
Banal.
Kaum war die Wahl zum Bundespräsidenten
am Mittwoch nach neun Stunden gelaufen, liessen führende Vertreter
der politischen Parteien ihre Hüllen fallen. Schon Kaiserin
Elisabeth von Österreich, sagten sie, habe ein Tattoo an der
Schulter getragen. Ihr Ehemann, Karl-Heinz Böhm, hat nur deshalb
nichts gespannt, weil sie sich stechen liess, als zwischen den
beiden schon nichts mehr lief. Damit verliert die britische
Premiersgattin Samantha Cameron, an deren Ferse ein Delfin prangt,
ihre Vorreiterinnenrolle.
Wie weiter
bekannt wurde, ist die Weltöffentlichkeit mit dem vermeintlichen
Leberfleck auf der Stirn des früheren sowjetischen Staatspräsidenten
Michail Gorbatschow genarrt worden. Dabei handelte es sich auch
um ein Tattoo, allerdings ist dem Tätowierer beim Schreiben
der Worte Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umbau) die Nadel
abgerutscht.
Deutsche Bundespolitiker
reden inzwischen offen darüber, dass sie ihre sitzungsgeplagten
Körper mit Kohlköpfen (Union), Willy-Brand-Brandings (SPD),
Hammer-und-Sichel-Motiven (Linke), Nein-danke-Bekenntnissen
(Grüne) und Arschgeweihen (FDP) für die Ewigkeit präperiert
haben. Auch die Kanzlerin ist für Körperkunst offen. Wenn sie
sich in Sachfragen zurückgehalten hat, dann nur deshalb, weil
sich ein frisch gestochenes Zungenpiercing entzündet hatte.
Wie
schliessen uns ebenfalls dem Trend an. Diese Zeitung wurde nicht
im Rollenoffsetverfahren gedruckt. Wir liessen sie tätowieren. |