Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (22. August 2010)

Laufzeitende
   

   Die deutsche Wirtschaft übernimmt mehr und mehr Verantwortung fürs Allgemeinwohl. Gerade haben sich die Bosse der vier grossen Energiekonzerne in die Diskussion um die Verlängerung der Lebensarbeitszeit eingeschaltet. In einem Geheimdokument, das unserer Redaktion im Folgenden in Auszügen veröffentlicht, fordern sie ein höheres Renteneintrittalter auch für Atomkraftwerke.

   In Zeiten, in denen der gemeine Arbeitnehmer bis 67 arbeiten müsse, "sei es ein Gebot der Fairness, auch die Meiler länger laufen zu lassen". Gerade alte Blöcke seien "durchaus arbeitswillig und trotz ihrer Jahre noch voller Energie". Anders als jüngere Kraftwerke verfügten sie zudem über besonders grosse Erfahrung im Umgang mit Störfällen, was sie für die Aufrechterhaltung der Spannung in Deutschland unverzichtbar mache. Sie jetzt frühzuverrenten verstosse entschieden gegen den Gleichstromgrundsatz der Verfassung. Anders als viele Rentner, die immer alles für sich behalten wollen, seien die Kraftwerke sogar bereit, einen Teil ihrer Altersbezüge in einen Fonds einzuzahlen. Aus diesem soll nachwachsenden Generationen - etwa Windkrafträdern, Solarzellen oder Güllegeneratoren - ein Einstiegsgehalt bezahlt werde, hiess es weiter.



   Kritik kommt jetzt von ungewohnter Seite. Eine derartige Laufzeitenverlängerung für AKW sei Unsinn, kritisierte ein namhafter Sportfunktionärgegenüber dieser Redaktion. Statt Laufzeitenverlängerung setze man sich in der Leichtathletik seit Jahren für Laufzeitenverkürzung ein. So sei gelungen, die nationale Bestmarke im Hundert-Meter-Lauf von zwölf Sekunden auf gut zehn Sekunden zu verkürzen. Allgemein gelte: Nur wer am kürzesten laufe, könne der Champion sein, so der Funktionär. Das gelte auch für die Energiewirtschaft. Gerade diese könne bei den Laufzeiten in ganz andere Dimensionen vorstossen. Das Prinzip sei klar: Würden WIndräder rückwärts kreiseln, verkürze sich die Laufzeit, je länger sie sich drehten. Kurz und gut: Bei Eon, RWE, EnBW und Vattenfall habe man das noch nicht erkannt. "Die Bosse haben eben eine lange Leitung."
 

 

 

 

Einreduzieren
 

   Die Vorsilbe ein- war sich selbst nicht mehr genug. Buchstäblich allein, hatte sie es satt, ein einsilbriges Leben zu führen. Eine dauerhafte Verbindung musste her, dass nächstbeste Wort kam ihr gerade recht, egal, wenn es einen Migrationshintergrund hat. Uns auch, riefen die Vorsilben aus-, durch- und vor-. Kam ein Verb vorbei, sprang die Silbe es an und liess es nicht mehr los. Gut nährt sie sich seither überflüssigerweise von dem, was abfällt, wenn Köche in der Fernsehküche reden. Einreduzieren heisst diese Geschichte. Sie handelt davon, wie ein Wort auf seinen Ursprung zurückgeführt wird. Eben. Drum bitte schwach köcheln lassen.

   Schuhbeck, du tust mir weh, schreit die Sauce. Wenn du mich noch weiter "einreduzierst", bleibt von mir und dem Lanz seinem verbal reduzierten Kochstudio nichts mehr übrig. Schuhbeck: Pass auf, was du sagst, ich werd dich gleich "durchpassieren" und dir die festen, will sagen, aufsässigen Bestandteile deiner Rede austreiben. Schon ist's passiert. Einfach grandios, jubelt Lanz, das habe ich super ausrecherchiert. Stimme des Regisseurs: Nächstes Mal musst du liefern. Lenz sagt: Das ist vorprogrammiert.
 

 

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