Habe diese Woche eine E-Mail
von Ella bekommen. Ella ist Ihnen kein Begriff? Mir ehrlich
gesagt auch nicht. Aber Ella schreibt, es könne gut sein, dass
wir schon einmal in Briefkontakt miteinander gestanden hätten.
Ich erinnere mich zwar nicht daran, aber ausschliessen will
ich es nicht.
Damit Sie sich ein Bild
von Ella machen können: Ella ist 30 Jahre alt, süss und romantisch
veranlagt. Sie sei stets gut gelaunt, schreibt sie, und beginne
den Tag mit einem Lächeln. Bis hierher reich mein Schulenglisch,
um den Brief von Ella übersetzen zu können. Dann aber kommen
wir an eine Stelle, von der ich nicht sicher bin, ob die noch
jugendfrei ist. Ella behauptet nämlich, sie besitze ein "great
potential" und sie habe "big plains". Ich kann
mir nicht helfen, aber "great potential" klingt in
meinen Ohren irgendwie unanständig. Und "plans", hat
das nicht was mit Flugzeugen zu tun? Oder mit Pflanzen? Ist
ja auch egal. Der Gedanke an eine Frau mit "big plans"
liess mich selbst in dieser milden Spätsommerwoche frösteln.
Ich
kam mir vor wie das "Sesamstrassen"-Monster Elmo,
das kürzlich vor der amerikanischen Sängerin Katy Perry davongelaufen
ist. Frau Perry war mit einem dermassen freizügigen Dekolleté
ins Fernsehstudio gekommen, dass die Redaktion beschlossen hat,
die Sendung nicht auszustrahlen, also wenigstens nicht ins Kinderprogramm.
Vermutlich war alles ein grosses Missverständnis, und Katy Perry
wollte nur ihr Herz für Kinder zeigen.
Ella
ist ganz anders. Sie scheint nur an mir Interesse zu haben.
Ehrliches Interesse. Ella schreibt, wenn ich jung, nett, clever,
freundlich, erfolgreich, zwischen 22 und 35 wäre und gewillt
sei, sie und ihre Interessen zu respektieren, und ausserdem
bereit wäre, sie zu lieben, dann möge ich ihr doch schreiben.
Ich
glaube, ich schreibe Ella nicht, auch wenn ich von Haus aus
ein Typ bin, der gewillt ist, den Tag mit einem Lächeln zu beginnen.
Seit einiger Zeit will mir das nicht mehr so recht gelingen.
Das liegt nicht an mir. Ich kann erst lächeln, wenn mein Gebiss
richtig sitzt. |