Zu den anspruchsvollsten
Übungen eines menschlichgen Wesens gehört es, sich das Nichts
vorzustellen. Ich persönlich bin bei dem Thema seit knapp 50
Jahren dran - bisher ohne Erfolg. Selbst wenn ich mich in einem
schalldichten Raum einschliesse, mir die Augen verbinde und
versuche, an nichts zu denken, vor meinem inneren Auge taucht
immer etwas oder jemand auf - und seien es das Matterhorn, Elvis
oder Maria & Margot Wellwig.
Auf
meiner Suche nach dem Nichts habe ich nichts unversucht gelassen.
Anfangs habe ich einen altmodischen Weg gewählt und gehofft,
in Büchern die Antwort zu finden. Ich will nicht behaupten,
dass ich alles verstanden habe, aber immerhin weiss ich jetzt,
dass sich schon weit Klügere als ich mit dem Nichts herumgeschlagen
haben, Naturwissenschaftler genauso wie Philosophen. Und dass
Heidegger von einem anderen Nichts ausging als Carnap. Wie aus
dem Nichts ist irgendwann mein Billy-Regal unter der Last zusammengebrochen.
Rein erkenntnistheoretisch hat die Leserei also nichts gebracht.
Dann
habe ich mich dem intensiven TV-Studium hingegeben, weil ich
immer wieder von erfahrenen Sehern gehört habe, dass das Programm
in letzter Zeit nichts sei, aber auch rein gar nichts. Ich habe
die Sache ernst genommen, Aufputschmittel geschluckt und versucht,
rund um die Uhr zu gucken. Das Ergebnis war erschütternd, aber
mitnichten nichts: Nach Jahren dämmerte mir, dass im Fernsehen
niemals nichts läuft. Es kommt immer etwas - und wenn es nur
ein Film über über das Matterhorn, über ELvis oder über Maria
& Margot Hellwig ist.
Wir sind
nun, liebe Leser, an jener Stelle angekommen, an der die Zeit
gekommen ist, mich bei Ihnen zu bedanken. Schön, dass Sie mir
so weit gefolgt sind. Ich weiss nicht, ob es mir gelungen ist,
Sie für eine der grossen Fragen der Menschheit zu sensiblisieren.
Auch wenn keiner von uns es jemals schaffen sollte, das Nichts
zu sehen. Sie können nun wenigstens von sich behaupten, Sie
hätten es gelesen. |