Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (19. Dezember 2010)
 
Na, wie war ich?
   

   Die Weihnachtszeit ist die Zeit der Rückmeldungen. Wer das Jahr über brav war, bekommt etwas schönes geschenkt. Komisch ist nur, dass meist auch die was Schönes bekommen, die nicht brav waren. Nicht selten sogar kriegen die grössten Rotzlöffel die grössten Pakete.

   Die Idee, die hinter Rückmeldungen steckt, ist ja ganz gut. Wir sagen uns alle ehrlich und konstruktiv die Meinung und beherzigen das dann. Dadurch wird die Welt dann jeden Tag besser. Es funktioniert bloss nicht.

   Eine meiner ersten Erfahrungen mit Rückmeldungen machte ich in Vietnam. Wir buchten eine organisierte Busreise ins Mekong-Delta. Auf der Rückfahrt bekamen alle Touristen einen Zettel, auf dem sie ein "Feedback" geben sollten. Feedback heisst ja, wörtlich genommen, so was wie "Zurückfüttern". Also gab ich dem Affen Zucker. Ich schrieb, dass alles wunderbar gewesen sei. Aber vielleicht, vielleicht hätte der Reiseleiter uns noch ein bisschen mehr erzählen können. Es war wirklich eine vorsichtige, höchst konstruktive Kritik. Ohne eine solche Kritik macht ein Feedback eigentlich überhaupt keinen Sinn.

   Aber was geschah? Der vietnamesische Reiseleiter brüllte mich an, als er meinen Zettel gelesen hatte. Warum ich nicht meinen verdammten Mund aufgemacht hätte, wollte er wissen. Alle im Bus schüttelten den Kopf über mich. Wie kann er nur, jetzt wird der arme Reiseleiter bestimmt entlassen. Das Ende vom Lied war, dass ich einen neuen Zettel schrieb, auf dem keine Kritik mehr enthalten war. So war's dann genehm.


   Seitdem gebe ich nur noch höchst ungern Rückmeldungen. Gerade bekomme ich ich fast täglich Mails von Internethändlern, bei denen ich Weihnachtsgeschenke gekauft habe. "Bitte bewerten Sie Ihren Verkäufer!", schreiben sie. Pustekuchen, denke ich. Ihr wollt doch nur hören, dass alles prima war. Ich bin aber ein Schwabe. Nichts geschwätzt, ist bei uns genug gelobt. Ich melde mich schon, wenn was nicht in Ordnung war. Aber ich wette: Das wollt ihr dann gar nicht hören. Dann meldet ihr euch und wollt mich überreden, die Kritik zurückzunehmen. Es wird eine lange Debatte folgen wie in diesem vietnamesischen Bus. Darauf habe ich keine Lust.

   Ich selbst bekomme ja auch keine gescheiten Rückmeldungen. Wenn ich zum Beispiel meine Frau nach dem Sex frage "Na, wie war ich?", dann ernte ich meist nur ein müdes Lächeln. Manchmal schlägt sie sogar nach mir. Was will sie mir damit sagen? Wie soll man sich da verbessern?

   Ach ja, bevor ich es vergesse: Das Ding der Woche ist der "Kaffeevollautomat WMF 800 black". Baden-Württembergs Ministerpräsident Stefan Mappus (siehe Bild) hat das Teil am Donnerstag Bundespräsident Christian Wulff geschenkt. Wulff war, glaube ich, zum Antrittsbesuch in Baden-Württemberg. Und dann kriegt der gleich so ein Gerät für 1750 Euro überreicht. Einfach so. Ich meine, der Mann hat doch noch gar nicht viel geleistet. Das ist wie mit dem Friedensnobelpreis für Barack Obama. Das war auch keine Belohnung, sondern eine Art Vorschuss. Was draus geworden ist, wissen wir ja. Kein Wort mehr. Wutbürger ist das Wort des Jahres. Wie ich das bewerte? Fragen Sie nicht.
 

 

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