Dinge, so oder so

 

Die Dinge der Woche (09. Januar 2011)
 
   Zu viel Aufhebens
 

   Tiere kommen mir nicht ins Haus, da können mein Sohn und meine Tochter noch so lange quengeln. Mir reichen meine Kinder. Ich will damit nicht behaupten, dass Kinder Tiere sind. Oder doch: Genau das will ich behaupten. Auch Kinder kommen nicht, wenn man sie ruft. Auch Kinder schmutzen. Auch Kinder hinterlassen überall Häufchen. Und ob sie jemals unsere Rente zahlen werden, ist nicht sicher.

   Bevor jetzt der Kinderschutzbund und das Jugendheim bei mir aufkreuzen, bitte ich darum, mich anzuhören. Ich bin kein schlechter Mensch. Ich liebe Kinder. Aber ich würde gerne nur ein einziegs Mal durch meine Wohnung gehen, ohne dass ich über einen Ball stolpere oder eine Socke aufheben muss. Ich weiss, das ist Erziehungssache. Ich habe versagt. Ich hätte meine Kinder von klein auf daran gewöhnen müssen, Dinge nicht liegen zu lassen. Das hätte ich tun sollen. Bei jedem Ding, das herumliegt, müsste man eigentzlich das Kind zu sich rufen, mit dem ausgestreckten Finger nach unten zeigen und sagen: "Heb das bitte auf!" Und wenn es sich weigert, dann müsste man eigentlich die Nase des Kindes in das DIng hineindrücken, so wie das angeblich Hundebesitzer tun, wenn ihr Liebling mal in die Wohnung gemacht hat.

   Entschuldigung, liebe Reformpädagogen, es war nicht so gemeint. Das mit dem Hineindrücken nehme ich selbstverständlich zurück. Man sollte natürlich mit dem Kind ruhig und vernünftig drüber reden. Man sollte sagen: "Du, das finde ich nicht gut, dass du ständig deine Dinge in der Wohnung verstreust." So wär's richtig.



   Aber hat irgendjemand Zeit für so was? Ich meine, Kinder haben heutzutage sehr, sehr viele Dinge, die sie herumliegen lassen können. Es wäre ein Vollzeitjob, mit dem Zeigefinger hinterherzugehen. Mama und Papa müssen aber beide arbeiten. Um Geld zu verdienen, damit sie ihren Kindern - zu Weihnachten und so - Dinge kaufen können, nach denen sich die Eltern dann wieder bücken können. Der Kreislauf des Aufhebens.

   Die Zeitschrift "Eltern family" hat mal über 1600 Kinder gefragt, von wem sie denn - ausser ihren Eltern - noch erzogen werden. Auf Platz eins landeten Oma und Opa mit 54 Prozent. 34 Prozent nannte Lehrer als mitwirkende Kräfte. Es folgten Onkel und Tanten und Geschwister und so weiter. Ich habe mir das jetzt noch mal durchgelesen, weil ich einen Hinweis darauf finden wollte, wie sich mein Problem lösen lässt, dass ich meine Kinder zu viel Aufhebens mache. Und tatsächlich, eine Elfjährige kam zu Wort. Sie sagte: "Wenn ich bei Oma bin, erzeiht mich Oma. In der Schule die Lehrer. Bei meiner besten Freundin erzeiht mich ihre Mutter mit. Und auch die Katze!" Die Katze? Wie das denn? Dazu die Elfjährige: "Wenn etwas auf dem Boden liegenbleibt, zum Beispiel Klamotten, pinkelt sie drauf." Warum bin ich nicht selbst draufgekommen?

   Also gut, meine lieben Kinder, ihr habt gewonnen: Morgen gehen wir ins Tierheim. Damit wir aber auch das richtige Tier für euch finden, nehmt doch bitte ein paar Klamotten mit, die auch dreckig werden können.

 

 

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